Gebäudestandard Bronze „Gebäudestandard Bronze“ als Mindestvoraussetzung für die erweiterte beschleunigte Gebäudeabschreibung

Anfragebeantwortung vom 06.05.2024

Mit der Novellierung des EStG im Zuge des Wohnbau-Pakets wurde u.a. die beschleunigte Absetzbarkeit von Sanierungsmaßnahmen, die nach dem Umweltförderungsgesetz unterstützt werden, geschaffen. Für Wohnneubauten kann im Zeitraum 31.12.2023 bis 1.1.2027 die beschleunigte Abschreibung für Abnutzung geltend gemacht werden. Dies gilt nur für Wohngebäude, die zumindest dem „Gebäudestandard Bronze“ nach dem auf der OIB-Richtlinie 6, OIB-330.6-026/19, basierenden „klimaaktiv Kriterienkatalog in der aktuellen Version 2020“ des BMK entsprechen.

Unsere Frage wäre nun, ob von Seiten des BMF nähere Konkretisierungen zum Kriterienkatalog zu erwarten sind und wir darüber den Berufsstand informieren können. Falls ja, bitten wir um Übermittlung der Information. 

1. Rechtsgrundlage

Gemäß § 124b Z 451 EStG 1988 beträgt die Absetzung für Abnutzung für nach dem 31. Dezember 2023 und vor dem 1. Jänner 2027 fertiggestellte Wohngebäude auch in den beiden der erstmaligen Berücksichtigung nachfolgenden Jahren höchstens das Dreifache des Prozentsatzes gemäß § 8 Abs. 1 oder § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988. Dies gilt nur für Wohngebäude, die zumindest dem „Gebäudestandard Bronze“ nach dem auf der OIB-Richtlinie 6, OIB-330.6-026/19, basierenden „klimaaktiv Kriterienkatalog in der aktuellen Version 2020“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie entsprechen.

 

2. Allgemeines zum klimaaktiv Kriterienkatalog für Wohnbauten Neubau und Sanierung 2020

Der „klimaaktiv Kriterienkatalog“ fußt auf der OIB-Richtlinie 6, 2019, die wiederum in Umsetzung der RL 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden ergangen ist. Der Kriterienkatalog besteht für Wohnbauen und verschiedene Dienstleistungsgebäude; er unterscheidet zwischen Neubauten und Sanierungen. Das Programm klimaaktiv „Bauen und Sanieren“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) unterstützt das Ziel der Klimaneutralität 2040 im Bereich energieeffizienter Neubauten und qualitativ hochwertiger Sanierungen. Herzstück des Programms ist der „klimaaktiv Gebäudestandard“ (siehe dazu Punkt 3). Einige Förderungen und Richtlinien des Bundes und der Länder referenzieren auf die Qualitätskriterien von klimaaktiv. Beispiele dafür sind der Sanierungsbonus, das Kommunalinvestitionsgesetz 2023 und die Wohnbauförderungen einiger Bundesländer. Nähere Informationen dazu finden sich unter https://www.klimaaktiv.at/bauen-sanieren/faq.html#foerderung.

Zentrale Anlaufstelle und Programmleiter des „klimaaktiv Kriterienkatalogs für Wohnbauten Neubau und Sanierung 2020“ ist die Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT GmbH). Die Programmleitung wird in allen Bundesländern von Regional- und Fachpartnern unterstützt (die jeweiligen Kontaktdaten finden sich im „klimaaktiv Kriterienkatalog für Wohnbauten Neubau und Sanierung 2020“, S. 46 f und – inklusive Fachpartner – auf der klimaaktiv-Homepage unter folgendem Link: https://www.klimaaktiv.at/bauen-sanieren/information-beratung/klimaaktiv-team.html; hauptsächlich Planungsbüros und Bauträger).

 

3. Gebäudestandard Bronze

Innerhalb des „klimaaktiv Kriterienkatalogs für Wohnbauten Neubau und Sanierung 2020“ gibt es drei Qualitätsstufen (= Gebäudestandards): Bronze, Silber, Gold. Für die Basisstufe „klimaaktiv Bronze“ müssen mindestens die „klimaaktiv Basiskriterien“ (dh alle Muss-Kriterien) erfüllt werden. Für die meisten (Muss-)Kriterien werden Punkte vergeben. Für die Gebäudestandards Gold und Silber müssen neben den Punkten aus den Muss-Kriterien noch weitere Punkte erreicht werden (Gold: 900 Punkte, Silber 750 Punkte; zum Punktesystem siehe sogleich zur Kategorie „Infrastruktur“ (Fußnote 1)).

Eine Übersicht über die Muss-Kriterien findet sich im Dokument „klimaaktiv Bronze für Wohngebäude im Überblick“, das unter folgendem Link zu erreichen ist: https://www.klimaaktiv.at/bauen-sanieren/gebaeudedeklaration/klimaaktivbronze.html.

Eine detaillierte Beschreibung der Muss-Kriterien (u.a.) ist im „klimaaktiv Kriterienkatalog für Wohnbauen Neubau und Sanierung 2020“ enthalten; dieser ist unter https://www.klimaaktiv.at/service/publikationen/bauen-sanieren/kriterienkatalog-wohnbau-2020.html abrufbar.

Es gibt vier Bewertungskategorien: A (Standort), B (Energie und Versorgung), C (Baustoffe und Konstruktion) und D (Komfort und Gesundheit). Diese sind wiederum in Unterkategorien gegliedert. Folgende Muss-Kriterien sind für das Erreichen des Bronze-Standards zu erfüllen (jeweilige Kategorie und Seitenzahl des „klimaaktiv Kriterienkatalog für Wohnbauen Neubau und Sanierung 2020“ in Klammer):

  • Standort (A):
    • Infrastruktur (A.1; S. 11 [*]):
    • Umweltfreundliche Mobilität (A.2; S. 12 ff)
  • Energie und Versorgung (B):
    • Heizwärmebedarf (B.1.1; S. 18)
    • Primärenergiebedarf (B.1.2; S. 19)
    • CO2-Emissionen (B.1.3; S. 20)
    • Energieverbrauchsmonitoring (B.3.2; S. 24; ab 1.000 )
    • Gebäudehülle luftdicht (B.3.3; S. 25)
  • Baustoffe und Konstruktion (C):
    • Ausschluss von klimaschädlichen Substanzen (C.1.1; S. 28)
    • Ausschluss von PVC (C.1.2; S. 28)
    • Ökoindex OI3 (C.4.1; S. 32 f)
  • Komfort und Gesundheit (D):
    • Thermischer Komfort im Sommer (D.1.1; S. 37)
    • Raumlufttechnik (D.2.1; S. 38 f)
    • Messungen: Formaldehyd und VOC (D.2.3; S. 40; ab 2.000 )

Es gibt in drei Deklarationsstufen: Planung, Fertigstellung und Nutzung. Für § 124b Z 451 EStG 1988 ist nur die Deklarationsstufe der Fertigstellung von Bedeutung (für nach dem 31. Dezember 2023 und vor dem 1. Jänner 2027 fertiggestellte Wohngebäude“). Diese Deklarationsstufe kann unabhängig von der Planungsdeklaration durchgeführt werden.

 

4. Nachweis, dass ein Gebäude dem Gebäudestandard Bronze entspricht

4.1 Plakette und Urkunde

Ein Gebäude erfüllt den Gebäudestandard Bronze, wenn es mit einem entsprechenden klimaaktiv Qualitätskennzeichen (Plakette und Urkunde) in der Deklarationsstufe Fertigstellung ausgezeichnet ist.

Für die Auszeichnung eines Gebäudes mit dem klimaaktiv Qualitätskennzeichen (Fertigstellungsdeklaration) sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

1. Registrierung auf der Deklarationsplattform klimaaktiv.baudock.at

2. Anlegen des Projekts:

Eingaben und geforderten Nachweise erbringen (im oben genannten Beispiel Infrastruktur sind das ein Lageplan des Gebäudes und Benennung der Infrastruktureinrichtungen samt textlicher Erläuterung).

3. Abschluss der Deklaration:

Wenn alle notwendigen Eingaben getätigt und alle Muss-Kriterien erfüllt wurden, wird die Dateneingabe an den jeweiligen Plausibilitätsprüfer in den Bundesländern weitergeleitet.

4. Plausibilitätsprüfung:

Der Plausibilitätsprüfer bekommt ein E-Mail mit der Verständigung, dass ein Gebäude zu prüfen ist. Fällt die Überprüfung positiv aus, wird das Projekt freigegeben.

5. Veröffentlichung des Projekts:

Sämtliche Gebäude mit dem klimaaktiv Qualitätskennzeichen werden in der Gebäudedatenbank klimaaktiv-gebaut.at veröffentlicht. Das Gebäude entspricht damit dem klimaaktiv Standard.

6. Nach Fertigstellung des Gebäudes wird eine Plakette und eine Urkunde vom klimaaktiv Programmmanagement (ÖGUT GmbH) ausgestellt.

4.2 Nachweis in anderer Form

Liegt für ein Gebäude kein klimaaktiv Qualitätskennzeichen (siehe Punkt 4.1.) vor, muss der Nachweis erbracht werden, dass das Gebäude zumindest dem Bronze-Standard entspricht. Dazu muss jedes einzelne Muss-Kriterium erfüllt sein. Der Nachweis obliegt der freien Beweiswürdigung durch die Abgabenbehörde.

Aussagen zu § 124b Z 451 EStG 1988 werden im Rahmen des nächsten Wartungserlasses in die EStR 2000 eingearbeitet.

 

[*] Zu Darstellungszwecken soll dieses Muss-Kriterium näher erläutert werden: Es geht dabei um die tägliche Grundversorgung (Supermarkt, Bäckerei, Gastronomie), soziale Infrastruktur (Kinderbetreuung, medizinische Versorgung, etc.), Freizeitinfrastruktur und Dienstleistungen (Post, Verwaltung, etc.). Für die Erfüllung des Muss-Kriteriums (Bronze) müssen 2 bis 75 Punkte erreicht werden. Für jede anrechenbare Infrastruktureinrichtung innerhalb von 300 Meter Luftlinie vom Gebäudestandort aus berechnet, werden acht Punkte gewährt. Liegt die Einrichtung innerhalb 1.000 Meter Luftlinie, zählt dies als 1 Punkt. Die Mindestanforderung (Muss-Kriterium) ist daher erfüllt, wenn mindestens zwei Einrichtungen der täglichen Grundversorgung in einer Entfernung von max. 1.000 Meter Luftlinie vorhanden sind.

Das gleiche Schema gilt für die anderen Muss-Kriterien. Für Sanierungen muss z.T. eine andere Punkteanzahl erreicht werden.