Blümel/Schwarz: Österreich erhält erstmals einen „Produktivitätsrat“ Ziel des neugeschaffenen Gremiums ist die Analyse und Empfehlung zur Verbesserung der Produktivität
Mit der Einrichtung eines nationalen Produktivitätsrates erhält Österreich erstmals ein Expertengremium, dass sich Fragen im Zusammenhang mit der Produktivitätssteigerung und Erhöhung der Lebensqualität widmet. Das entsprechende Gesetz wird heute vom BMF in Begutachtung geschickt. Finanzminister Gernot Blümel: „Nach dem pandemiebedingten Wirtschaftseinbruch wollen wir einen raschen und nachhaltigen Aufschwung ermöglichen. Gleichzeitig müssen wir langfristig die Produktivität in Österreich erhöhen, um Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern. In den vergangenen 20 Jahren war das Produktivitätswachstum in Österreich regelmäßig niedriger als in vergleichbaren Ländern wie den Niederlanden, der Schweiz oder Schweden. Höhere Produktivität hilft nicht nur dem Standort, sondern sichert auch die nachhaltige Finanzierung unseres Sozialstaates ab.“
Klubsprecher für Budget und Steuern der Grünen, Jakob Schwarz, ist dabei besonders wichtig, dass Produktivität nicht nur in Euros gemessen wird. „Bisher wurde Produktivität, die ein wichtiger Indikator für den Wohlstand einer Gesellschaft ist, immer in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt gemessen. Mit dem neuen Produktivitätsrat wird dieser Indikator weiter gefasst und auch auf Umwelt, Gesundheit, Bildung und wichtige andere Faktoren ausgeweitet.“ Auch der Fiskalrat, ein Gremium das Budgetanalysen erstellt und die Einhaltung der Fiskalregeln überprüft, wird breiter gefasst.
Im Sinne der Verwaltungseffizienz und um Synergieeffekte zu nutzen, wird der Produktivitätsrat beim Fiskalrat in der Österreichischen Nationalbank eingerichtet und besteht aus fünf Personen. Der, oder die Vorsitzende sowie zwei weitere Mitglieder werden von der Bundesregierung, ein weiteres Mitglied jeweils von der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer für eine Funktionsperiode von sechs Jahren entsandt. Der Präsident des Fiskalrates – Wirtschaftswissenschaftler Christoph Badelt – ist zugleich auch der Präsident des Produktivitätsrates.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Rat Analysen über die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit erstellt sowie mögliche Maßnahmen zur Steigerung dieser aufzeigt. Dadurch soll der Standort gestärkt werden, sowie nachhaltiges Wachstum und Konvergenz gesteigert werden. Produktivität soll dabei breiter betrachtet werden und es sollen auch Faktoren im Zusammenhang mit dem Rechtssystem, Bildung, Demographie sowie Umwelt und Lebensqualität bewertet werden. Der Produktivitätsrat wird jährlich einen Bericht erstellen, der konkrete Empfehlungen enthält. Das neue Gremium soll Produktivität nicht nur in Sinne von Kennzahlen der Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft sehen, sondern auch Aspekte der ökologischen Transformation und sozialen Verantwortung in Diskussionen und Analysen einfließen lassen.
Gemäß einer EU-Ratsempfehlung von 2016 sind Mitgliedstaaten der Eurozone dazu angehalten, Produktivitätsräte oder -ausschüsse einzurichten. Diese sollen sich untereinander vernetzen und die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit sowie der Produktivität analysieren. Hintergrund dafür ist, dass diese Merkmale für entwickelte Volkswirtschaften in einer Währungsunion besondere wirtschaftspolitische Relevanz besitzen. Zudem sind im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise makroökonomische Ungleichgewichte zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union als verstärkende Elemente in den Fokus gerückt. Institutionelle Einrichtungen wie Produktivitätsräte und -ausschüsse können hier bei der Überwachung helfen. Sie tragen auch dazu bei, die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit in der Union zu verbessern, wodurch sich die Fähigkeit der Schockabsorption erhöht. Eine Einrichtung von Produktivitätsräten oder -ausschüssen dient damit auch der Stabilität der Eurozone und der Finanzmarktstabilität.