Wirtschafts- und Haushaltspolitische Steuerung

Die wirtschafts- und haushaltspolitische Steuerung der Europäischen Union (EU) bzw. des Euro-Währungsgebiets basiert auf den primärrechtlichen Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf den Artikeln 121, 126 und 136, sowie weiteren sekundärrechtlichen Rechtsakten. 

Das an den AEUV angefügte Protokoll 12 definiert von den Mitgliedstaaten einzuhaltende Schwellenwerte für das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit und die öffentliche Schuldenquote, die minus 3 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) bzw. 60 % des BIP nicht überschreiten sollen.

Am 30.4.2024 wurde die wirtschaftspolitische Steuerung der Europäischen Union reformiert. Im Zuge dieser jüngsten Reformrunde wurde die bisherige EU-Verordnung 1466/97 über den präventiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts durch die EU-Verordnung 2024/1263 vollständig erneuert, die EU-Verordnung 1467/979 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit durch die EU-Verordnung 2024/1264 novelliert und auch die EU-Haushaltsrahmenrichtlinie 2011/85 durch die EU-Richtlinie 2024/1265 reformiert.

Alle EU-Mitgliedstaaten legen im April (in der ersten Runde im Herbst 2024) einen nationalen mittelfristigen strukturellen finanzpolitischen Plan für vier oder fünf Jahre vor (die Planperiode richtet sich nach Dauer der Legislaturperiode), in welchem sie ihre Budgetzielwerte sowie Maßnahmen zur Umsetzung ihrer länderspezifischen Empfehlungen und der gemeinsamen EU-Prioritäten darlegen. Zudem müssen die neuen Pläne auch die makroökonomischen Ungleichgewichte berücksichtigen, falls diese festgestellt wurden.

Mitgliedstaaten, die mit ihrem öffentlichen Budgetdefizit 3 % des BIP oder mit ihrem öffentlichen Schuldenstand 60 % des BIP überschreiten, erhalten von der Europäischen Kommission einen Referenzpfad für die Netto-Ausgaben für die nächsten vier (oder sieben) Jahre, welcher die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherstellen soll. Diese mehrjährigen Referenzpfade müssen von den Ländern in ihren mittelfristigen Plänen berücksichtigt werden. Geplante Abweichungen vom Referenzpfad sind zu begründen. 

Zusätzliche budgetäre Spielräume stehen jenen EU-Ländern zur Verfügung, die sich zu einem umfassenden Reform- und Investitionspaket verpflichten, das bestimmte Kriterien (u.a. Wachstumswirksamkeit; Verbesserung der Schuldentragfähigkeit & Konstanz der Investitionsquote) erfüllt. In diesem Fall kann der regulär gewährte vierjährige budgetäre Anpassungszeitraum auf bis zu maximal sieben Jahre verlängert werden, was in der Regel die jährlichen budgetären Anpassungen verringert.

Im Frühjahr werden von allen EU-Mitgliedstaaten jährliche Fortschrittsberichte vorgelegt, auf Basis derer die Europäische Kommission die Einhaltung der budgetären Vorgaben sowie den Umsetzungsstand von Reformen und Investitionen beurteilt. Stellt die Europäische Kommission Abweichungen vom Netto-Ausgabenpfad fest, werden diese auf nationale Kontrollkonten gebucht. Bei Überschreiten von bestimmten Kontrollkonto-Schwellenwerten oder der Verletzung der 3 % Budgetdefizitmarke kann ein Verfahren bei übermäßigen Defiziten eröffnet werden und in letzter Konsequenz finanzielle Sanktionen drohen.

Jemweils im Herbst müssen Mitgliedstaaten der Euro-Zone eine Übersicht der nationalen Haushaltsplanungen für das darauffolgende Jahr an die Europäische Kommission übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 30. April 2024