Brunner und Karner loben fünf Jahre erfolgreiche Zusammenarbeit von BMF und BMI im Kampf gegen Sozialleistungsbetrug 89 Millionen Euro Schadenssumme aufgedeckt
Der unberechtigte Bezug von Sozialtransferleistungen ist kein Kavaliersdelikt – im Gegenteil: Es handelt sich um ein strafrechtlich verfolgbares Betrugsdelikt. Die Taskforce Sozialleistungsbetrug (Solbe) im BMI arbeitet seit 2018 eng mit der Finanzverwaltung zusammen, um solche Vergehen aufzudecken. Die nun vorgelegte Bilanz seit Beginn der Kooperation zeigt die erfolgreiche Zusammenarbeit der Behörden. Insgesamt konnten seit Bestehen der Taskforce 89 Millionen Euro an Schadenssumme durch unrechtmäßigen Bezug von Sozialleistungen identifiziert werden.
„Die behördenübergreifende Zusammenarbeit zwischen BMI und BMF ist wichtig, weil sie sicherstellt, dass diejenigen, die illegal Sozialleistungen beziehen, erwischt und bestraft werden. Der Sozialstaat ist dazu da, Menschen in Not zu unterstützen, und wir werden entschieden gegen diejenigen vorgehen, die versuchen, ihn auszunutzen und sich auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern“, so Finanzminister Magnus Brunner.
Innenminister Gerhard Karner: „Wenn unser Sozialsystem funktionieren soll, dann muss es gerecht sein. Gerecht ist es dann, wenn Missbrauch verhindert wird. So können jene unterstützt werden, die es tatsächlich brauchen.“
Die Arbeit der Task Force „Solbe“ kann sich sehen lassen. Aus kriminalpolizeilicher Sicht handelt es sich beim Sozialleistungsbetrug um ein Kontrolldelikt. Das heißt: Je mehr und je intensiver kontrolliert wird, desto mehr Fälle kommen ans Tageslicht. Und je mehr Fälle aufgeklärt werden, desto abschreckender ist das für mögliche Nachahmer. Task-Force, Finanz- und Kriminalpolizei haben im ersten Halbjahr 2023 Fälle mit einem Schaden von 14 Millionen Euro aufgeklärt, das ist so viel, wie im ganzen Jahr 2022. Dabei wurden 2.218 Fälle von Sozialleistungsbetrug mit insgesamt 2.288 Tatverdächtigen angezeigt, das ist ein Plus von 28 Prozent. 72 Prozent der Tatverdächtigen sind ausländische Staatsbürger, 28 Prozent Österreicher. Mehr als die Hälfte der Anzeigen gibt es in der Bundeshauptstadt Wien. Besonders erfreulich: die Aufklärungsquote bei diesen Delikten beträgt 99,5 Prozent. Diese Zahlen zeigen: Finanz- und Kriminalpolizei sehen genau hin.
Seit 2018 hat die Finanzpolizei mehr als 2.000 Strafanträge aufgrund von unberechtigtem Leistungsbezug gelegt. Zusätzlich wurden rund 2.650 Kontrollmitteilungen an das AMS übermittelt. Außerdem hat die Finanzpolizei seit 2019 bereits 454 Scheinunternehmen rechtskräftig aufgedeckt, der mit Abstand größte Anteil mit 364 Scheinunternehmen fällt auf Wien. Zudem legte sie seit 2020 insgesamt 283 Anzeigen an die Taskforce SOLBE, weil die Verstöße besonders gravierend bzw. über einen längeren Zeitraum stattgefunden haben. Im ersten Halbjahr 2023 stellte die Finanzpolizei rund 170 Strafanträge wegen unberechtigter Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld.
Gemeinsames Vorgehen gegen verschiedene Betrugsmuster
Es gibt verschiedene potenzielle Szenarien für Sozialleistungsbetrug, die die Kooperation zwischen dem Amt für Betrugsbekämpfung (ABB) im BMF und der Taskforce Solbe im BMI notwendig und sinnvoll machen. Beispielsweise kann ein vermeintlich teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter in Wahrheit Vollzeit arbeiten und bekommt zusätzlich Transferleistungen aufgrund seines geringen offiziellen Gehalts, während er teilweise mit Schwarzgeld entlohnt wird. Die Finanzpolizei trifft auch oft auf komplett schwarz arbeitende Menschen, die arbeitslos gemeldet sindund somit Arbeitslosengeld beziehen. Außerdem werden auch Fälle von unberechtigtem Bezug von Familienbeihilfe, Identitätsdiebstahl zur Erlangung von Transferleistungen und ungerechtfertigtem Bezug von Grundversorgung bei Asylbewerbern, die unberechtigt Arbeitsleistungen erbringen, aufgedeckt.
Schwarzgeldzahlungen über Scheinunternehmenskonstrukte
Erfahrungen der Finanzpolizei zeigen, dass vielfach Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer entgegen ihrer Anmeldung bei der Österreichischen Gesundheitskasse Vollzeit beschäftigt sind (sog. „Scheingeringfügigkeit“) und dabei in vielen Fällen Betrug begangen wird. Vermögen, das aus diesen oder unter Umständen auch anderen kriminellen Tätigkeiten generiert wird, wird dann in weiterer Folge an ein Durchleiterunternehmen und von diesem an das klassische Scheinunternehmen weiter- und schließlich an den Auftraggeber zurückgeleitet, der damit den Geldfluss an die Dienstnehmer, also die Schwarzzahlung, aufrechterhält. Die Dienstnehmer können durch diese Vorgehensweise diverse Transferleistungen wie Arbeitslosengeld, Wohnbeihilfen, etc. beziehen und verdienen ihren Lohn steuer- und beitragsfrei. Seit 2019 hat die Finanzpolizei 454 Scheinunternehmen rechtskräftig aufgedeckt, der mit Abstand größte Anteil mit 364 Scheinunternehmen fällt auf Wien.
Buchhalter besserte eigene Pension dank Scheinunternehmen auf
Ein besonders eklatanter Fall aus diesem Jahr zeigt, wie so ein Sozialleistungsbetrug abläuft: Bei der Kontrolle eines pensionierten Buchhalters stellte sich heraus, dass dieser nicht nur mit Scheinunternehmen und Rechnungsausstellungen Geschäfte machte, sondern auch gegen Entgelt Personen bei diesen Scheinunternehmen anmeldete. Dazu bediente er sich ELDA-Accounts (einem System für den elektronischen Datenaustausch mit den österreichischen Sozialversicherungsträgern) von Unternehmen, die nicht (mehr) aktiv waren, aber über deren Daten er verfügte. Bis dato konnten über 180 Personen ausgeforscht werden, die gegen Honorar zur Sozialversicherung angemeldet wurden. Mit der (Voll-)Versicherung konnten diese Personen dann Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, Aufenthaltstitel erschleichen oder Bankkredite in Anspruch nehmen.
Definition Sozialleistungsbetrug
Sozialleistungsbetrug sollte nicht mit Sozialbetrug verwechselt werden, da es sich hier um unterschiedliche Betrugsformen handelt. Während bei Sozialleistungsbetrug die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer falsche Angaben machen, um illegal an Sozialleistungen zu kommen, handelt es sich bei Sozialbetrug um die betrügerische Nichtentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, oft in Zusammenhang mit Scheinunternehmen.
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