Schlechtes Gewissen – Was kann ich tun?

Die strafbefreiende Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG

Wie erlangt man Straffreiheit?

Auch wenn eine Abgabenverkürzung bewirkt worden und ein (Tat-)Erfolg bereits eingetreten ist, also beispielsweise aufgrund der unrichtigen Abgabenerklärung der unrichtige Steuerbescheid bereits zugestellt wurde, ist es noch nicht zu spät. Sie können trotzdem noch eine Strafe vermeiden, wenn Sie rechtzeitig

  • bei einer Abgaben- oder Finanzstrafbehörde, nämlich
    • hinsichtlich Finanzvergehen betreffend Zollabgaben, Verbrauchsteuern oder Altlastensanierungsbeiträge beim Zollamt Österreich
    • betreffend alle anderen Abgaben bei einem Finanzamt oder beim Amt für Betrugsbekämpfung (Achtung! Nicht beim (Bundesfinanz-)Gericht, der Staatsanwaltschaft oder beim Bundesministerium für Finanzen!) 
  • ihre Verfehlung eingestehen (darlegen), 
  • die nicht oder falsch erklärten Besteuerungsgrundlagen unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß bekannt geben (offenlegen) und 
  • die sich daraus ergebenden Abgaben innerhalb der Monatsfrist entrichten.

Wann ist eine Selbstanzeige rechtzeitig?

Rechtzeitig bedeutet, dass 

  • zum Zeitpunkt der Selbstanzeige keine Verfolgungshandlungen
    • gegen die/den Selbstanzeiger/in, 
    • gegen andere an der Tat Beteiligte oder 
    • gegen ein/e Hehler/in (im Zusammenhang mit Zoll- oder Monopolvergehen) gesetzt worden sind 
  • zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat (ganz oder teilweise) noch nicht entdeckt worden ist bzw. die Entdeckung nicht unmittelbar bevorgestanden ist (bei Zollvergehen) 
  • bei vorsätzlichen Finanzvergehen anlässlich einer Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Außenprüfung die Selbstanzeige bereits bei Beginn der Amtshandlung erstattet worden ist. Als Prüfungsbeginn bei der Außenprüfung gilt die Aufforderung zur Vorlage der Bücher und Aufzeichnungen 
  • im Fall der Verletzung der Anzeigepflicht gemäß § 121a BAO (Schenkungsmeldung) die Selbstanzeige nicht mehr als ein Jahr ab dem Ende der Anzeigefrist erstattet worden ist.

Was ist eine Verfolgungshandlung?

Eine Verfolgungshandlung ist jede nach außen erkennbare Amtshandlung 

  • eines Gerichtes (einschließlich Bundesfinanzgericht), 
  • einer Staatsanwaltschaft, einer Finanzstrafbehörde oder
  • eines Organs der Abgabenbehörde (z.B. Prüfer) oder
  • eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes (z.B. Polizei)

mit dem Ziel der Aufklärung eines Finanzvergehens.

Diese Amtshandlung muss sich gegen eine bestimmte Person als die/den 

  • Verdächtige/n,
  • Beschuldigte/n oder 
  • Angeklagte/n

eines Finanzvergehens gerichtet haben.

Was versteht man unter der "Entdeckung der Tat"?

Von der Entdeckung der Tat ist dann auszugehen, wenn die Abgabenbehörde Feststellungen getroffen hat, aus denen der Nachweis der Verkürzung einer Abgabe bei vorläufiger Tatbeurteilung wahrscheinlich ist. Wenn Ihnen die Entdeckung der Tat bekannt ist, verhindert dies die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige.

Beispiel

Ein Prüfer des Finanzamtes stellt fest, dass Sie in einem bestimmten Zeitraum keine Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet haben, obwohl solche zu leisten gewesen wären. Er meldet sich zur Prüfung bei Ihnen an und teilt Ihnen seine Feststellungen mit. 

In welcher Form kann die Verfehlung dargelegt werden?

Wesentlich ist die exakte Beschreibung der nunmehr eingestandenen Fehler. Je mehr Sie beitragen, desto besser! Die Straffreiheit wird nur insoweit gewährt, als Sie Ihre Verfehlung darlegen.

Tipp

Lassen Sie in Ihrem eigenen Interesse nichts im Verborgenen! Geben Sie die Abgabenarten und Zeiträume bekannt, hinsichtlich derer eine Verkürzung bewirkt worden ist.

Beispiele

  • "Ich erkläre, Einkünfte aus der Vermietung meiner Eigentumswohnung in ... nicht in meine Steuererklärungen der Jahre 2020 und 2021 aufgenommen zu haben." 
  • "Es wird bekannt gegeben, dass die abgegebenen Lohnsteueranmeldungen für die Monate 1 bis 12/2021 und 1 bis 3/2022 falsch gewesen sind." 
  • "Meine Betriebsausgaben für das Kalenderjahr 2022 sind überhöht, weil ich fingierte Subhonorare angesetzt habe."

Wie hat die Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen zu erfolgen?

Die Offenlegung muss unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Das heißt, die wahrheitsgemäßen und vollständigen Informationen müssen der Behörde als Grundlage für die Berechnung des verkürzten Abgabenanspruches dienen und die Abgabenbemessung muss ohne Vorhalt (schriftliches „Nachfragen“ des Finanzamtes oder Zollamtes) oder sonstige weitere Ermittlungen möglich sein.

Am besten ist es, Sie überreichen gleich zum Zeitpunkt der Erstattung der Selbstanzeige an die Abgaben-/Finanzstrafbehörde eine vollständig ausgefüllte (berichtigte) Abgabenerklärung samt Beilagen, aus denen sich die verkürzten Abgaben nachvollziehen lassen. Je lückenhafter Ihre Angaben sind, desto eher besteht die Gefahr, dass Sie (zumindest teilweise) die Straffreiheit verlieren!

Entrichtung der verkürzten Abgaben

Die sich aus der Selbstanzeige ergebenden (Verkürzungs-)Beträge sind innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des (berichtigten) Abgabenbescheides tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung zu entrichten.

Vorsicht! Bei den selbst zu berechnenden Abgaben (wie z.B. Umsatzsteuervorauszahlungen, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Alkoholsteuer etc.) beginnt die Monatsfrist mit Erstattung der Selbstanzeige zu laufen.

Wenn Sie die sich aus der Selbstanzeige ergebenden Abgaben im Rahmen einer Zahlungserleichterung (z.B. Ratenvereinbarung) begleichen, muss die vollständige Entrichtung binnen zwei Jahren ab Zustellung des (berichtigten) Abgabenbescheides bzw. der Erstattung der Selbstanzeige erfolgen.

Entrichtung einer Abgabenerhöhung

Hat sich ein Organ der Abgabenbehörde zu einer Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen angemeldet und wurde bis zu diesem Zeitpunkt Selbstanzeige noch nicht erstattet, ist Straffreiheit nur dann zu erreichen, wenn zusätzlich zu den verkürzten Abgaben auch noch eine mittels Bescheides festgesetzte Abgabenerhöhung in Höhe von maximal 30 Prozent der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbeträge entrichtet wird. 

Achtung

Die Selbstanzeige wirkt nur für den Anzeiger selbst und für die Person, für die sie erstattet wurde.

Achten Sie darauf, dass die Selbstanzeige nicht nur für Ihr Unternehmen erstattet wird, sondern auch für Sie persönlich und für allfällig sonst an der Tat beteiligte Personen!

Beispiel

Es genügt nicht, wenn in der Selbstanzeige nur die Fa. XY GmbH angeführt ist. Auch dann nicht, wenn es sich um eine so genannte Ein-Personen-GmbH handelt, in der die/der Geschäftsführer/in auch gleichzeitig einzige/r Gesellschafter/in ist. Es sind sämtliche Personen (Geschäftsführer/in, Prokurist/in, Buchhalter/in etc.) anzuführen, die allenfalls auch als Beitragstäter/in Straffreiheit erlangen wollen!

Letzte Aktualisierung: 1. Jänner 2024