Umsatzsteuerliche Beurteilung der geplanten Änderungen des Kärntner Kinderbildungs- und betreuungsgesetzes (K-KBBG) Anfrage Österreichischer Städtebund bzw Österreichischen Gemeindebund vom 28.10.2022

a) Kann vor dem Hintergrund und der Zielsetzung einer sachgerechten Finanzierung des
„Beitragsfreien Kindergarten“ umsatzsteuerlich ein Splitting der Kärntner
Landesförderung in die beiden Förderkomponenten „Elternbeitragsersatz“ und
„Personalkostenzuschuss“ vorgenommen werden?
b) Ist der Rechtsansicht zu folgen, dass der „Elternbeitragsersatz“ als umsatzsteuerliches
Entgelt von Dritter Seite umsatzsteuerbar ist?
c) Ist der Rechtsansicht zu folgen, dass der „Personalkostenzuschuss“ als echter Zuschuss
nicht umsatzsteuerbar ist?

Das Kärntner Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (K-KBBG) soll im Zuge des Vorhabens „Beitragsfreier Kindergarten“ tiefgehend reformiert werden – beigefügt der hierzu vorliegende Begutachtungsentwurf (Gesetzestext und Erläuterungen, Stand 19.10.2022). Die Finanzierung des „Beitragsfreien Kindergartens“ soll über das Land Kärnten erfolgen, wobei die diesbezügliche Landesförderung qualitative Vorgaben, z.B. iZm fachlichen Anstellungserfordernissen von Leiterinnen der Kindergärten oder Kindertagesstätten sowie der Elementarpädagoginnen, wie auch quantitative Vorgaben, wie Gruppengrößen und Öffnungszeiten, berücksichtigt. Unter der Zielsetzung einer möglichst sachgerechten Finanzierung sind daher gemäß §§ 36 ff des Änderungsentwurf zum K-KBBG („Förderung von Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen“) zwei Förderschienen des Landes Kärnten zur Finanzierung des „Beitragsfreien Kindergartens“ vorgesehen:

a) Elternbeitragsersatz (§ 37 des Änderungsentwurf zum K-KBBG) als Ersatz für die fehlenden Einnahmen aus Elternbeiträgen für den Besuch des Kindergartens oder der Kindertagesstätte, ermittelt aus Fixbeträgen pro Kind und Monat (Subjektförderung), wie folgt:
Für den Besuch des Kindergartens:
• für höchstens sieben Stunden täglich 119,00 Euro pro Kind und Monat
• für mehr als sieben Stunden täglich 162,00 Euro pro Kind und Monat
Für den Besuch der Kindertagesstätte:
• für höchstens sieben Stunden täglich 179,00 Euro pro Kind und Monat
• für mehr als sieben Stunden täglich 272,00 Euro pro Kind und Monat

b) Personalkostenzuschuss an Kindergärten (§ 38) und Kindertagesstätten (§ 39) pro Gruppe und Kindergartenjahr, welcher sich wiederum aus einer jährlich zu valorisierenden Grundförderung (Fixbetrag) und einem aus der wöchentlichen Öffnungszeit abgeleiteten, jährlich zu valorisierenden Betrag zusammensetzt (Objektförderung), wie folgt:
Für Kindergärten:
• Grundförderung 42.000,00 Euro
• Summe der Stunden der wöchentlichen Öffnungszeit der Gruppe x 300,00 Euro (sowie
Erhöhungsbetrag bei mehr als 47 Wochen Öffnungszeiten pro Jahr gemäß § 40)
Für Kindertagesstätten:
• Grundförderung 60.000,00 Euro
• Summe der Stunden der wöchentlichen Öffnungszeit der Gruppe x 1.500,00 Euro (sowie Erhöhungsbetrag bei mehr als 47 Wochen Öffnungszeiten pro Jahr gemäß § 40)

[...]

Wesentliches Ziel des Arbeitsentwurfs betreffend die Änderung des K-KBBG ist der beitragsfreie  Zugang zu Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen (inbes Kindergärten, Horte und Kindertagesstätten) und damit der Übergang zur Finanzierung dieser Einrichtungen über das Land Kärnten. Dabei sollen bisherige Leistungsentgelte der Eltern zur Gänze durch Leistungen der öffentlichen Hand ersetzt werden, sodass die Finanzierung der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen über zwei Schienen des Landes Kärnten, daher gesplittet erfolgt:
• „Elternbeitragsersatz“ (§ 37) als Förderung in fixer Höhe pro Kind und Monat
(Subjektförderung) und
• „Personalkostenzuschuss“ (§ 38), geteilt in Grundförderung und erhöhter Förderung
auf Basis der Öffnungszeiten, welche als Personalkostenzuschuss der Deckung der
Unkosten der Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtung dient
(Objektförderung).

Wir sind der Ansicht, dass die Gesamtförderung des Landes Kärnten umsatzsteuerlich in ein Entgelt für den Ersatz der nicht mehr zu erhebenden Elternbeiträge (Elternersatzbeitrag) und in einen Zuschuss zur Bedeckung von Personalkosten der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen (Personalkostenzuschuss) zu splitten ist.

Für die umsatzsteuerliche Behandlung der gegenständlichen Komponenten dieser Förderungen ist es entscheidend, ob diese als echter Zuschuss oder als Entgelt von Dritter Seite (bzw. direktes Leistungsentgelt mit abgekürztem Zahlungsweg) zu beurteilen ist. Wir gehen dazu von nachfolgender umsatzsteuerlicher Qualifikation aus:

Der „Elternbeitragsersatz“ gemäß § 37 des Änderungsentwurf zum K-KBBG („Förderung von Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen“) ist dazu bestimmt, im Rahmen des „Beitragsfreien Kindergartens“ die bisherigen Leistungsentgelte der Eltern zu substituieren. Diese Förderkomponente wird auf landesgesetzlicher Grundlage pro Kind und Leistungszeitraum (Monat) nach gesetzlich festgelegten (Monats-)Sätzen ermittelt und vom Land Kärnten dem jeweiligen Träger der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung gewährt, damit oder weil der Träger des Kindergartens bzw Kindertagesstätte die konkrete und gesetzlich bestimmten Kinderbildungs- und -betreuungsleistungen erbringt.

Der Elternbeitragsersatz erfolgt gestaffelt nach der Betreuungszeit pro Kind sowie der Art der  unterhaltenen Betreuungseinrichtung (Kindergarten bzw. -tagesstätte), entspricht daher einer
Subjektförderung und bezieht sich auf eine konkrete und gesetzlich bestimmte, vom Zuschussempfänger zu erbringende Leistung.

Der Elternbeitragsersatz steht in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem
Leistungsaustausch, wobei das Land Kärnten als Zuschussgeber ein Interesse am Zustandekommen des Leistungsaustausches hat und den Zuschuss nur deshalb gewährt, dass oder weil der jeweilige Träger der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen die definierte Kinderbetreuungsleistung erbringt.

Der den Trägern der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung als Zuschussempfänger gewährte Zuschuss kommt den Eltern der betreuten Kinder (Dienstleistungsempfänger) zugute. Der Elternbeitragsersatz hängt unmittelbar mit dem Preis des betreffenden Umsatzes zusammen, stellt daher eine Preisauffüllung dar und ermöglicht es dem Träger der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung (Zuschussnehmer) erst, die Leistung zum Preis von Null Euro zu erbringen, somit zu einem niedrigeren Preis, als er ohne Zuschuss verlangt werden müsste.

Wir sind daher der Ansicht, dass der Elternersatzbeitrag demnach umsatzsteuerliches Entgelt  von Dritter Seite für eine Gegenleistung, damit Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts und folglich umsatzsteuerbar ist.

Direktes Leistungsentgelt in Abkürzung des Zahlungsweges Andererseits wäre es auch denkbar, den Elternbeitragsersatz als direktes Entgelt des Leistungsempfängers unter Abkürzung des Zahlungsweges an den Leistungserbringenden Unternehmer zu sehen. Denn bei Zahlung an den Träger der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung (leistender Unternehmer), durch die das Land Kärnten (als Dritter) eine auf Gesetz beruhende Verpflichtung begleicht, handelt es sich um eine bloße Verkürzung des Zahlungsweges. Statt einer Zahlung des Landes Kärnten (als Zuschussgeber) an die Eltern der zu betreuenden Kinder (als Leistungsempfänger) erfolgt hier die Entrichtung des Entgelts durch unmittelbare Zahlung des Landes Kärnten an den leistungserbringenden Träger der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung (vgl. VwGH 15.3.1977, 2322/76; BFG 15.10.2020, RV/1100636/2014; siehe dazu auch Pernegger in Melhardt/Tumpel, UStG3, § 4 Rz 129 sowie Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) zu § 4 UStG Rz 120; so auch UStR 2000 Rz 24).

Beim Träger der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung sind diese Entgelte von Dritter Seite genau so zu behandeln als wären sie von den Eltern (als Leistungsempfänger) geleistet worden.

Alternative Rechtsansicht:
Der Elternersatzbeitrag wäre auch bei Qualifikation als direktes Leistungsentgelt unter Abkürzung des Zahlungsweges Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts und somit umsatzsteuerbar.

Der vom Land Kärnten gemäß der §§ 38 (Kindergärten) und 39 (Kindertagesstätten) zu gewährende „Personalkostenzuschuss“ ist dazu bestimmt, die den Trägern der Kinderbildungs-
und -betreuungseinrichtungen erwachsenen Personalkosten weitgehend zu bedecken und diesem einen diesbezüglichen Betrieb zu ermöglichen. Der Personalkostenzuschuss ist demnach ein Betriebskostenzuschuss, welcher dem Land Kärnten keinen individuell verbrauchbaren Nutzen vermittelt.

Diese Förderkomponente wird auf landesgesetzlicher Grundlage pro Träger in Höhe einer  Grundförderung sowie in Höhe eines Betrages, welcher sich aus der Summe der Stunden der wöchentlichen Öffnungszeit der Gruppe multipliziert mit 300,00 Euro (bei Kindergärten) bzw. 1.500,00 Euro (bei Kindertagesstätten) des jeweiligen Trägers ermittelt, gewährt. Der Personalkostenzuschuss basieren auf festgelegten Gruppengrößen der Kindergärten und Kindertagesstätten sowie deren wöchentlichen Öffnungszeiten, ist daher an den Gesamtbetrieb und nicht an die einzelne Betreuungsleistung pro Kind geknüpft. Zu den Betriebskostenzuschüssen führt der EuGH (22.11.2001, C-184/00, Office des produits wallons ASBL, Rz 11 f.) ergänzend aus:
„... betriebliche Zuschüsse, die einen Teil der Betriebskosten decken, wirken sich praktisch immer auf den Selbstkostenpreis der von der subventionierten Einrichtung gelieferten Gegenstände oder erbrachten Leistungen aus. Soweit diese Einrichtung nämlich bestimmte Gegenstände liefert oder bestimmte Dienstleistungen erbringt, wird sie dies zu Preisen tun können, die ihr nicht möglich wären, wenn sie ihre Kosten weitergeben oder zugleich Gewinne erzielen müsste.“

Die Möglichkeit allein, dass ein Zuschuss bzw. eine Subvention sich auf die Preise, der von der subventionierten Einrichtung gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleitungen auswirkt, macht diesen Zuschuss bzw. diese Subvention nicht schon umsatzsteuerbar. [...]

Ein Zuschuss ist daher kein Entgelt von Dritter Seite, wenn dieser nicht für die Erbringung einer
bestimmten Dienstleistung gezahlt wird, kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Subvention und der Dienstleitung besteht bzw. keine (weitere) konkrete Preisauffüllung für Leistungen vorliegt.

Der EuGH (vgl. EuGH 15.7.2004, C-381/01, Komm/Italien, Rz 38 f.; EuGH 15.7.2004, C-495-01, Komm/Finnland, Rz 38 f.; EuGH 15.7.2004, C-144/02, Komm/Deutschland, Rz 38 f.; EuGH 15.7.2004, C-463/02, Komm/Schweden, Rz 43 f.) verneinte demnach das Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhanges in genannten Urteilen, weil der Zuschuss nicht spezifisch dafür gewährt wurde, um ein Produkt überhaupt herzustellen, was im gegenständlichen Fall auch für die Erbringung der Betreuungsleistung gelten wird.

Der Personalkostenzuschuss bezweckt demnach, den Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen es überhaupt zu ermöglichen, die Betreuungsleistungen erst zu erbringen und dies zu einem vertretbaren Betrag. Ein direkter Zusammenhang mit den tatsächlich erbrachten Kinderbetreuungsleistungen liegt nicht vor.

Wir sind daher der Ansicht, dass der Personalkostenzuschuss als Objektförderung sowohl iSd MwStSyst-RL wie auch der Rz 26 UStR 2000 einen nicht steuerbaren (echten) Zuschuss darstellt.

Der begründeten Ansicht, wonach der Elternbeitragsersatz gemäß § 37 des übermittelten Entwurfes des Kärntner Kinderbildungs- und betreuungsgesetzes ein Entgelt (von dritter Seite), der Personalkostenzuschuss gemäß §§ 38 und 39 des gegenständlichen Entwurfes hingegen einen echten Zuschuss darstellt, wird zugestimmt.