Regionale Entwicklungsbanken
Die regionalen Entwicklungsbanken weisen eine ähnliche Funktionsweise und Governance auf wie die vor ihnen entstandene Weltbank, reflektieren jedoch in ihrer Aktionärsstruktur die Mehrheiten der jeweiligen regionalen Mitgliedsländer. Auch bei den regionalen Entwicklungsbanken ist das oberste Ziel die Bekämpfung der Armut in den jeweiligen Regionen. Diese Zielsetzung soll durch Förderung einer nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, durch Investitionen in die Infrastruktur und durch die Förderung des Privatsektors erreicht werden. Neben verschiedenen Finanzierungsinstrumenten gewähren sie bei der Umsetzung dieser Aufgabenstellung auch technische Assistenz.
Afrikanische Entwicklungsbank-Gruppe (AfEB-Gruppe)
Die Afrikanische Entwicklungsbankgruppe (AfEB-Gruppe) umfasst die Afrikanische Entwicklungsbank, den Afrikanischen Entwicklungsfonds und den Nigeria Trust Fund. Alle diese drei Institutionen der internationalen Entwicklungsfinanzierung sind rechtlich selbständig, organisatorisch jedoch eng verflochten und arbeiten mit denselben Personal- und Managementressourcen. Ab 1. September 2025 löst der Mauretanier Dr. Sidi Ould Tah, Dr. Akinwumi Adesina als Präsidenten der AfEB-Gruppe ab.
Die AfEB-Gruppe unterstützt ihre regionalen Mitgliedsländer vor allem durch:
- Kredite zur Förderung ihres ökonomischen und sozialen Fortschrittes unter Anlegung von Nachhaltigkeitskriterien;
- Technische Assistenz und Know-how für die Vorbereitung und Durchführung von Entwicklungsprojekten;
- Hilfestellung und Bereitstellung von Know-how für die Erstellung, Durchführung und Koordination von Entwicklungsplänen, beim öffentlichen (Finanz-)Management sowie bei der Durchführung struktureller Reformen.
Die AfEB wurde 1963 von der OAU (Organisation of African Unity, die Vorgängerinstitution der heutigen Afrikanischen Union) als gesamtafrikanische Institution für die Finanzierung von Entwicklungsprojekten in Afrika ins Leben gerufen. Sie funktioniert auf der Basis des von den Mitgliedsländern bereitgestellten Kapitals und refinanziert sich von den internationalen Finanzmärkten. Die Bank vergibt Kredite an jene kreditwürdigen Mitglieder, die alleine nur zu bedeutend schlechteren Konditionen Zugang zu den Finanzmärkten finden würden. 1982 öffnete sich die AfEB für nicht-regionale Aktionäre, wodurch sich Quantität und Qualität ihres Kapitals und damit ihre Bonität auf den internationalen Finanzmärkten signifikant verbesserte. Vor allem viele europäische Industriestaaten, inklusive Österreich, sowie Kanada und die USA wurden in der Folge als nicht-regionale Mitgliedsländer aufgenommen, später auch Japan, China, Südkorea, Indien, Brasilien, Argentinien, Saudi Arabien, Kuwait und die Schweiz. Heute umfasst die AfEB 54 afrikanische und 27 nicht afrikanische Mitgliedsländer. Österreich ist seit 1983 Mitglied der Bank und hält derzeit einen Kapitalanteil von 0,4 Prozent.
1972 wurde der Afrikanische Entwicklungsfonds (AfEF) gegründet, eine mit hoch-konzessionellen Mitteln arbeitende und vorwiegend von Industriestaaten mit Grants regelmäßig gespeiste Finanzinstitution für die ärmsten und nicht kreditwürdigen Länder der Region. Neben Krediten zu günstigen Konditionen werden auch Grants vergeben. Österreich ist seit 1981 Mitglied. 2022 wurde die 16. Wiederauffüllung des AfEF abgeschlossen. Österreichs Anteil daran beläuft sich auf 1,93 Prozent.
1976 erfolgte die Gründung des Nigeria Trust Fund (NTF), des kleinsten Mitglieds der AfEB-Gruppe. Der NTF ist ein revolvierender Fonds und wird nur von Nigeria befüllt (Erstkapitalisierung von 80 Millionen US-Dollar, Wiederauffüllung 1981 mit 71 Millionen US-Dollar). Er unterliegt einer nigerianischen Entscheidungsstruktur.
Die strategischen Prioritäten der AfEB-Gruppe sind in ihrer Zehnjahresstrategie 2024-2033 festgelegt. Darin orientiert sie sich nach wie vor an fünf großen, synergetischen Schwerpunkten (sog. „High Fives“):
- Verbesserung der Lebensqualität der Menschen (menschliche und soziale Entwicklung)
- Ernährungssicherheit (Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Wasser)
- Energie (Versorgung mit elektrischem Strom, erneuerbare Energie, grünes Wachstum)
- Industrialisierung (Privatsektorentwicklung, Infrastruktur, Entwicklung verarbeitender Industrien)
- Regionale Integration
Der Klimawandel und seine Auswirkungen sowie Fragilität und Geschlechtergleichheit zählen ebenfalls zu den absoluten Schwerpunkten, werden jedoch in einem Mainstreaming-Ansatz verfolgt.
Österreich setzt in seiner spezifischen thematischen Kooperation mit der AfEB-Gruppe zwei Schwerpunkte:
- Wasser
- Erneuerbare Energie
In beiden Sektoren besteht eine Zusammenarbeit mit der Austrian Development Agency (ADA) und es werden Beiträge zu speziellen Trust Funds finanziert.
Asiatische Entwicklungsbank (AsEB)
Die Asiatische Entwicklungsbank (AsEB) wurde 1966 gegründet. Ihr Kapital wird von 69 Ländern (50 regionale, 19 nicht-regionale) gezeichnet. Das Hauptquartier befindet sich in Manila auf den Philippinen. Österreich ist der Bank als Gründungsmitglied 1966 beigetreten und am Kapital der Bank mit 0,34 Prozent beteiligt. Es bildet mit Deutschland, Großbritannien und Luxemburg eine von insgesamt zwölf Stimmrechtsgruppen. Größte Anteilseigner sind Japan und die USA mit jeweils 15,6 Prozent Kapitalanteil. Der aktuelle Präsident heißt Masato Kanda.
Ziel der AsEB ist es, ein wirtschaftlich prosperierendes Asien zu fördern, das zugleich integrativ und ökologisch nachhaltig ausgerichtet ist. Basierend auf ihrem Gründungsmandat, setzt sie ihre Bemühungen zur Beseitigung der nach wie vor in Asien bestehenden extremen Armut fort. Sie unterstützt ihre Mitglieder und Partner mit Darlehen, technischer Hilfe, nicht rückzahlbaren Zuschüssen und Kapitalinvestitionen zur Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung. 2018 genehmigte die AsEB eine neue langfristige Strategie, die Strategie 2030, in der die allgemeine Vision und die strategischen Antworten der Institution auf die sich entwickelnden Bedürfnisse in Asien und im Pazifikraum definiert sind. Im August 2024 wurde die Strategie 2030 überarbeitet, um rezenten Entwicklungen Rechnung zu tragen.
Die Unterstützung der AsEB konzentriert sich dabei auf sieben operative Prioritäten:
- Kampf gegen Armut und Abbau von Ungleichheiten;
- Beschleunigung des Fortschritts bei der Gleichstellung der Geschlechter;
- Bekämpfung des Klimawandels, Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen Klimaveränderungen und Katastrophen sowie Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit;
- Lebenswerte Stadtentwicklung;
- Förderung der ländlichen Entwicklung und der Ernährungssicherheit;
- Stärkung der guten Regierungsführung und der institutionellen Kapazitäten; und
- Förderung der regionalen Zusammenarbeit und Integration.
Mit dem Asiatischen Entwicklungsfonds (AsEF) besitzt die AsEB zudem einen separaten Fonds, welcher den ärmsten Mitgliedsländern nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt. Die AsEF-Ressourcen stammen hauptsächlich aus Beiträgen der AsEB-Mitgliedstaaten, die durch regelmäßige Wiederauffüllungen mobilisiert werden. Österreich leistet mit seinen Beiträgen nicht nur Hilfe bei der Entwicklung der Region Asien, sondern profitiert bei der Realisierung von Bankprojekten auch durch Auftragsvergaben an die österreichische Wirtschaft. Die Mitgliedschaft bei der AsEB und dem AsEF wirkt somit auch als Türöffner für die österreichischen Wirtschaft in Asien. Schwerpunkte in der Zusammenarbeit von Österreich mit der Asiatischen Entwicklungsbank sind insbesondere die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, urbane Mobilität sowie der Eisenbahnsektor.
Asiatische Infrastruktur Investitionsbank (AIIB)
Die Asiatische Infrastruktur Investitionsbank (AIIB) wurde 2015 mit Sitz in Peking, China, gegründet. Die Bank hat 110 zugelassene Mitgliedsländer, darunter 57 nicht-regionale Staaten. China hält den größten Kapitalanteil, gefolgt von Indien, Russland und Deutschland. Österreich ist Gründungsmitglied und mit 0,51 Prozent am Kapital der Bank beteiligt. Herr Jin Liqun aus China ist seit 2016 der erste Präsident der Bank.
Die AIIB verfolgt das Ziel eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung über die Finanzierung von Infrastruktur und anderer produktiver Sektoren in Asien zu fördern, sowie die regionale Kooperation zur Überwindung von Entwicklungsbarrieren zu stärken. Die AIIB kann auch bis zu 15 Prozent der Investitionsvolumina in Mitgliedsländern außerhalb Asiens tätigen, solange die Projekte der wirtschaftlichen Entwicklung Asiens oder einem öffentlichen globalen Gut zugutekommen. Indien hat bis dato die meisten Investitionen erhalten.
Das Direktorium der AIIB ist, im Unterschied zu den meisten anderen IFIs, nicht bei der Bank in Peking angesiedelt, sondern tagt viermal jährlich in physischen Sitzungen und nach Bedarf in virtuellen Sitzungen. Österreich ist Teil der Eurogruppen-Stimmrechtsgruppe, der auch Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Kroatien, die Niederlande, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Portugal, Spanien und Zypern angehören. Für Österreich steht die Teilnahme an der AIIB in Kontinuität zu dem seit langem bestehenden erfolgreichen Engagement in diversen internationalen Entwicklungs- und Finanzinstitutionen.
Die AIIB bekennt sich zu dem Ziel, hohe Umwelt, Sozial- und Governance-Standards anzuwenden und modernen und fairen Beschaffungsregeln zu folgen. Hierzu wurden operative Regelungen, vor allem Umwelt- und Sozialstandards und Standards im Beschaffungswesen, auch unter Einbindung der Zivilgesellschaft, erarbeitet, die weitestgehend denen anderer IFIs entsprechen bzw. diese teilweise auch übertreffen. So gibt es bei der AIIB etwa „universal procurement“, es können sich also auch Firmen aus Nicht-Mitgliedsländern um Aufträge bewerben.
Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD)
Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) wurde 1991, in unmittelbarer Reaktion auf die Veränderungen in Mittel- und Osteuropa, zu dem Zweck gegründet, den Übergang zur freien Marktwirtschaft in den ehemaligen zentralistischen Planwirtschaften Osteuropas und der Sowjetunion zu unterstützen. Später expandierte die Bank in den Mittelmeerraum. Seit 2025 ist sie auch in ausgesuchten Ländern in Subsahara-Afrika und dem Irak aktiv. Die EBRD hat somit neben einem wirtschaftlichen auch ein politisches Mandat. Dieses verpflichtet sie, die Unterstützungsmaßnahmen von den Bemühungen der Empfängerländer, demokratische und pluralistische Gesellschaftsverhältnisse zu schaffen, abhängig zu machen.
Seit ihrer Gründung bis Mitte 2025 hat die EBRD über 210 Milliarden Euro in mehr als 7.500 Projekte auf drei Kontinenten investiert. Mit der Zielsetzung 50% ihres jährlichen Geschäftsvolumens als grüne Finanzierungen umzusetzen, ist die Bank ein zentraler Akteur im Klimabereich. Weiters hat sie einen starken Schwerpunkt in der Ukraine, wo sie seit 2022 mehr als 7,6 Milliarden Euro zur Unterstützung u. a. von zentraler Infrastruktur investiert hat.
Die Bank ist bestrebt, ihre Einsatzländerbei der Durchführung struktureller und sektorspezifischer Wirtschaftsreformen, einschließlich Entmonopolisierung, Dezentralisierung und Privatisierung zu unterstützen. Ihre Tätigkeit umfasst die Förderung von Privatsektor-Aktivitäten, die Stärkung von Finanzinstitutionen, der Rechtssysteme und die Entwicklung der für die Unterstützung des Privatsektors nötigen Infrastruktur (u.a. in den Bereichen Verkehr, Energie und Wasser/Abwasser). Die EBRD operiert sowohl im privaten wie im öffentlichen Sektor, wobei die Bank mittlerweile über 76 Prozent ihrer Finanzierungen im Privatsektor tätigt.
Die EBRD hat 77 Mitglieder (75 Staaten, plus Europäische Kommission und Europäische Investitionsbank). Davon sind 39 Empfängerländer. Österreich ist Gründungsmitglied der Bank und bildet eine Stimmrechtsgruppe mit Bosnien und Herzegowina, Israel, Kasachstan, Malta und Zypern.
Oberstes Entscheidungsorgan ist der Gouverneursrat, in den jedes Mitgliedsland eine/n Gouverneur/in und eine/n Stellvertreter/in nominiert. Der österreichische Gouverneur ist der Bundesminister für Finanzen. Neben dem Gouverneursrat gibt es das Direktorium, das aus 23 Mitgliedern besteht und vom Gouverneursrat für jeweils drei Jahre gewählt ist. Seit Oktober 2020 ist Frau Odile Renaud-Basso Präsidentin der EBRD.
Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (IDB)
Die Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank Gruppe (IDBG) ist die älteste und größte regionale multilaterale Entwicklungsbank, die vor allem zur wirtschaftlichen und sozialen Förderung lateinamerikanischer und karibischer Staaten gegründet wurde. Zur IDB gehören:
- Die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (IDB)
- IDB Invest (auch bekannt als Inter-Amerikanische Investitionsgesellschaft (IIC))
- IDB Lab (auch bekannt als Multilateral Investment Fund (MIF))
Die IDB wurde 1959 gegründet und ist zu einem der größten Katalysatoren in der Mobilisierung der Ressourcen für die Region geworden. Die finanziellen Ressourcen der Bank bestehen aus dem eingezahlten Kapital, den Reserven und den auf den Finanz- und Kapitalmärkten aufgenommenen Kreditmitteln sowie sonstigen Beiträgen von Mitgliedsländern (z.B. Trust Funds). Das einzahlbare Kapital wird in Form von Barzahlungen – verteilt über mehrere Jahre – getätigt und repräsentiert lediglich 6,7 Prozent der Kapitalzeichnung. Demnach ist der größte Teil des gezeichneten Kapitals Garantiekapital, mit dem die Kapitalaufnahmen der IDB in den Kapitalmärkten gesichert werden.
Zu den grundsätzlichen Aufgaben der IDB zählen der Einsatz des eigenen Kapitals, Darlehen auf Finanzmärkten aufzunehmen, andere verfügbare Ressourcen zur Finanzierung der Entwicklung ihrer Empfängermitgliedsländer zu eröffnen und weiters, wenn privates Kapital nicht oder nicht ausreichend verfügbar ist, private Investitionen zu günstigen Bedingungen und einer günstigen Laufzeit zu ergänzen. Ebenso stellt sie Mittel für die technische Unterstützung zur Vorbereitung, Finanzierung und Implementierung von Entwicklungsprojekten zur Verfügung. Die Bankoperationen decken das gesamte Spektrum wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung ab, mit einer Betonung auf Programme für jene Bevölkerungsgruppen mit den niedrigsten Einkommen.
Erst durch eine in den 70er Jahren vorgenommene Änderung der Statuten können auch Staaten außerhalb Amerikas der IDB beitreten. Gegenwärtig hat die IDB 48 Mitglieder. Neben lateinamerikanischen und karibischen Empfängermitgliedsländern sind auf der Geberländerseite neben den USA, Kanada, China, Japan, Korea und Israel auch europäische Staaten (darunter seit 1977 Österreich) als Aktionäre beteiligt.
Die IDB Invest unterstützt kleinere und mittlere Privatunternehmen in Lateinamerika. Sie wurde 1986 gegründet und ergänzt dadurch die hauptsächlich auf den öffentlichen Sektor gerichteten Aktivitäten der IDB. 2016 wurde die IIC umbenannt in IDB Invest und stellt seitdem eine eigenständige Institution dar.
Gegenwärtig hat IDB Invest 48 Mitgliedsländer mit einer Mehrheit bestehend aus lateinamerikanischen und karibischen Mitgliedsländern. Auf der Geberländerseite ist neben den USA als stärkstem regionalem Mitgliedsland, auch Österreich seit der Gründung 1986 als Aktionär beteiligt. Die Gewährung von Darlehen und Beteiligungen durch die IIC erfolgt ohne Regierungsgarantien. Sektoriell sind die Bereiche Finanzdienstleistungen, Venture Capital, Industrieproduktion, Landwirtschaft, Fischfang, Tourismus, Bergbau und Öl wichtig.
Der Multilaterale Investitionsfonds (MIF), firmiert als IDB Lab, gehört zur Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank und wurde 1993 gegründet. Österreich ist nicht Mitglied von IDB Lab. Dieser unterstützt gezielt kleine Investitionen und Reformbemühungen im Bereich der Privatsektorentwicklung.