Zweifelsfragen zur Gefahrenzulage – Einführung einer Infektionszulage im Kollektivvertrag „Denkmal, Fassaden und Gebäudereiniger“
Anfragebeantwortung vom 31.03.2023
Im Kollektivvertrag „Denkmal, Fassaden und Gebäudereiniger“ wurde eine Infektionszulage (Gefahrenzulage) in Höhe von 0,20 Euro pro Stunde für jene Zeiten, in denen die Arbeitnehmer aufgrund der tatsächlichen verrichteten Tätigkeit in SeniorInnenheimen, Pflege- und/oder Krankenanstalten und medizinisch oder medizinisch-technischen Laboratorien verstärkt den Gefahren von Infektionen ausgesetzt sind, eingeführt.
1. Kann davon ausgegangen werden, dass der nachgewiesene Aufenthalt zur Verrichtung der Reinigungsarbeiten an den im Kollektivvertrag genannten Orten (SeniorInnenheimen, Pflege- und/oder Krankenanstalten, medizinische oder medizinisch-technische Laboratorien) die berufstypischen Gefahren einer Infektion auslösen kann und somit die genannte Gefahrenzulage auch steuerrechtlich (§ 68 Abs 1 EStG 1988) rechtfertigt?
Gemäß § 68 Abs 1 und 5 EStG 1988 sind steuerfreie Gefahrenzulagen als jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.
Im gegenständlichen Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Verrichtung von Reinigungsarbeiten an den genannten Orten zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.
2. Nach welchen Kriterien sollen begünstigte Reinigungsarbeiten von jenen unterschieden werden, die nicht begünstigt sind, nachdem praktisch an all den genannten Orten die Infektionsgefahr erwiesenermaßen erheblich ist?
Die Begünstigung des § 68 Abs 1 EStG 1988 setzt u.a. voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichtet, die überwiegend unter Umständen erfolgen, welche die obigen Voraussetzungen erfüllen. Der Arbeitnehmer muss also während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die zwangsläufig eine Gefahr darstellen. Der Behörde muss nachgewiesen werden, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden (vgl. VwGH 25.5.2004, 2000/15/0052).
Gegenständlich muss nach den obigen allgemeinen Kriterien ein Nachweis der erheblichen Infektionsgefahr erbracht werden:
Von einer erheblichen Infektionsgefahr kann bei Reinigungsarbeiten in SeniorInnenheimen und Pflegeanstalten grundsätzlich nicht ausgegangen werden.
In medizinischen oder medizinisch-technischen Laboratorien ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine erhebliche Infektionsgefahr gegeben ist.
In Krankenhäusern liegt eine erhebliche Infektionsgefahr grundsätzlich nur dann vor, wenn eine entsprechende Schutzausrüstung für das Betreten der Räumlichkeiten vorgesehen ist.
3. Sind Reinigungsarbeiten in Verwaltungstrakten bzw. in Küchen- bzw. Personalaufenthaltsräumen der genannten Orte von der Begünstigung der Steuerfreiheit ausgenommen?
Ja, Reinigungsarbeiten in Verwaltungstrakten bzw. in Küchen- bzw. Personalaufenthaltsräumen der gegenständlichen Orte sind von der Begünstigung des § 68 EStG ausgenommen.
4. Beträgt während eines Lohnzahlungszeitraumes die Zahl der "begünstigten Stunden" mehr als 50 Prozent (liegt ein Überwiegen dieser Tätigkeiten vor), so kann die Gefahrenzulage, die auch für die nicht begünstigten Stunden gewährt wird, die aber gemäß Kollektivvertrag arbeitsrechtlich zusteht, steuerfrei bleiben (VwGH vom 24.6.2004, 2000/15/0066)?
Die Frage einer außerordentlichen Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr ist nicht allein anhand der Arbeiten zu untersuchen, mit denen diese besonderen Arbeitsbedingungen verbunden sind. Vielmehr ist bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten innerhalb des Zeitraumes, für den der Arbeitnehmer eine Zulage zu erhalten hat, zu prüfen, ob sie überwiegend (= mehr als die Hälfte der gesamten Arbeitszeit, für die eine Zulage gewährt wird) eine außerordentliche Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr bewirken. Wird die SEG-Zulage nur für jeweils eine Stunde gewährt, ist für das zeitliche Überwiegen auf die einzelne Stunde abzustellen. Die Möglichkeit der Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr kann nicht berücksichtigt werden, wenn die damit verbundene Tätigkeit nur einen geringen Teil der Arbeitszeit, für die eine Zulage zusteht, ausmacht (vgl. VwGH 24.6.2004, 2000/15/0066).
Grundsätzlich können gegenständlich nur die einzelnen Stunden, in denen tatsächlich die Gefahr vorliegt, begünstigt sein.
5. Kann die Gefahrenzulage (bzw. der steuerfreie Teil davon) in Fällen höherer Istlöhne im selben Verhältnis prozentuell steuerfrei aufgewertet werden (z.B. wenn der Istlohn 10 Prozent über KV-Lohn liegt, dass man dann die Gefahrenzulage ebenfalls um 10 Prozent erhöht steuerfrei auszahlen kann)?
Von einem angemessenen Ausmaß der Zulage wird im Regelfall dann auszugehen sein, wenn die Zulage der Höhe nach einer lohngestaltenden Vorschrift, insbesondere einer lohngestaltenden Vorschrift im Sinne des § 68 Abs 5 Z 1 bis 6 EStG 1988, entspricht. Zahlt ein Arbeitgeber hingegen höhere Bezüge als die in der maßgebenden lohngestaltenden Vorschrift vorgesehenen Mindestlöhne, werden Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen grundsätzlich insoweit als angemessen anzusehen sein, als die Zulage im selben Ausmaß erhöht wird, wie der Lohn.