Optionsmöglichkeit des § 6 Abs. 2 UStG bei Vorliegen eines Untermietverhältnisses Anfrage der KSW vom 26.4.2024

Sachverhalt:

Ein Liegenschaftseigentümer E1 hat vor 2012 mehrere Wohnungen an den Mieter M1 umsatzsteuerpflichtig vermietet (1. Mietverhältnis = Hauptmietverhältnis). Mit Zustimmung des E1 schließt M1 vor 2012 über diese Wohnungen ein Untermietverhältnis mit UM1 ab (2. Mietverhältnis = Untermietverhältnis). UM1 ist unecht umsatzbefreit. Für das Unter-Mietverhältnis zwischen M1 und UM1 hat M1 die Optionsmöglichkeit des § 6 Abs. 2 UStG ausgeübt. Nach 2012 überträgt E1 die Liegenschaft an E2.

Fragestellungen:

1. Führt die Übertragung der Liegenschaft von E1 an E2 nur zu einem „umsatzsteuerlich“ neuen Mietverhältnis zwischen E2 und M1 oder wirkt sich diese Übertragung der Liegenschaft von E1 an E2 auch auf das Untermietverhältnis zwischen M1 und UM1 aus?

2. Muss E2 zwecks Überprüfung der Voraussetzungen, ob der Leistungsempfänger (=M1) die Wohnungen nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, auf die uE korrekte umsatzsteuerpflichtige Mietvorschreibung von M1 an UM1 abstellen, oder muss E2 durch dieses vor 2012 abgeschlossene Untermietverhältnis quasi „hindurchschauen“ und auf den UM1 abstellen?

Beantwortung:

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken von der Umsatzsteuer befreit.

Gemäß § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich (dh. zu mindestens 95 Prozent) für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Diese Regelung ist auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden, die nach dem 31. August 2012 beginnen (s.a. UStR 2000 Rz 899c). Ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite begründet für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw. Pachtverhältnis.

Die Übertragung der Liegenschaft von E1 an E2 führt zu einem neuen Mietverhältnis zwischen E2 und M1. Im Falle einer Untervermietung schlagen zwar die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse des Letztmieters auf alle vorgelagerten Mietverhältnisse durch, da es sich bei der Untervermietung von M1 an UM1 jedoch um einen „Altfall“ handelt (das Mietverhältnis wurde vor dem 1. September 2012 begründet), hat M1 als Hauptmieter weiterhin gem. § 6 Abs. 2 UStG 1994 die Möglichkeit zur Steuerpflicht zu optieren, solange es zu keinem Mieter- oder Vermieterwechsel betreffend das Untermietverhältnis kommt.

Damit kann die Option gem. § 6 Abs. 2 UStG 1994 auch durch einen neuen Eigentümer (E2) in Anspruch genommen werden, da – obwohl es sich beim Mietverhältnis zwischen dem neuen Eigentümer (E2) und dem Hauptmieter (M1) um einen „Neufall“ handelt – der Mieter (M1 als Hauptmieter) nur steuerpflichtige Umsätze ausführt.

Ein Wechsel des Hauptmieters oder des Untermieters würde allerdings dazu führen, dass das Mietverhältnis zwischen dem neuen Untermieter und dem Hauptmieter als „Neufall“ zu beurteilen wäre. Erfüllt ein neuer Untermieter die Voraussetzungen in § 6 Abs. 2 letzter Unterabsatz UStG 1994 nicht, kann der Hauptmieter hinsichtlich dieses Mietverhältnisses ab dem Zeitpunkt des Mieterwechsels nicht mehr zur Steuerpflicht optieren. Ist der Hauptmieter in der Folge nicht mehr fast ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, so ist auch die Optionsmöglichkeit des neuen Eigentümers ausgeschlossen. Gleiches gilt bei einem Wechsel des Hauptmieters, weil auch dadurch alle Mietverhältnisse zu „Neufällen“ würden.