Umsatzsteuerrechtliche Fragen iZm der Regelbesteuerung der Land- und
Forstwirte
Anfrage der KSW vom 16.1.2024

Ausnahme von der Verpflichtung die Regelbesteuerung des UStG anwenden zu müssen

Die erste Fragestellung betrifft die Erhöhung der Umsatzgrenze für durchschnittsatzbesteuerte Landwirte von EUR 400.000 auf EUR 600.000 (BGBl II Nr. 449/2022). Nach Auffassung in der Kollegenschaft ist bei einem einmaligen nur für ein Jahr erforderlichen Wechsel aufgrund des Überschreitens der Umsatzgrenze von der Durchschnittsatzbesteuerung zur Regelbesteuerung einem Antrag gem. § 125 Abs. 4 BAO zu entsprechen. Dies gilt auch im Zusammenhang mit der Erhöhung der Umsatzgrenze gem. § 22 Abs. 1 UStG ab 2023.

Beispiel:

Umsatz 2020 und Vorjahre: EUR 350.000, jedenfalls immer unter EUR 400.000
Umsatz 2021: EUR 420.000
Umsatz 2022: EUR 430.000

Ab 1. Jänner 2024 wäre der Landwirt nicht mehr berechtigt, die Durchschhnittsatzbesteuerung gem. § 22 UStG anzuwenden und die Regelbesteuerung würde eintreten. Seine Umsätze 2023, 2024 und auch in den Folgejahren betragen rd. EUR 450.000. Die neue Umsatzgrenze von EUR 600.000 wird auch in den Folgejahren nicht überschritten werden. Ab 1. Jänner 2025 wäre der Landwirt wieder berechtigt, die Durchschnittsatzbesteuerung anzuwenden, weil im Gesetz bei zweimaligem Unterschreiten der Grenze ab dem darauffolgenden 1. Jänner ohne Regelbesteuerungsantrag wieder zwingend die Pauschalierung gilt. Er wäre daher nur im Jahr 2024 nicht berechtigt, die Durchschnittsatzbesteuerung gem. § 22 UStG anzuwenden. Die Konsequenzen wären die zwingende Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen, die Entrichtung der Zahllasten, ev. Berichtigungen gem. § 12 Abs. 10 und Abs. 11 UStG (zugunsten des Unternehmers), die Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung für 2024 und wenn Vorsteuern in den Folgejahren zu berichtigen sind, auch für die Folgejahre.

Fraglich ist, ob in diesem Fall einem Antrag gem. § 125 Abs. 4 BAO stattzugeben ist und die Verpflichtung die Regelbesteuerung anzuwenden, nicht eintritt. Wir regen daher an, dass in diesen Fällen aus den Gründen der Verwaltungsvereinfachung ein Antrag gem. § 125 Abs. 4 BAO nicht erforderlich ist, wenn die Voraussetzungen (Umsätze in den Jahre 2023, 2024 und Folgejahre unter EUR 600.000) zutreffen.

Anfrage zu § 22 Abs. 1 und 6 UStG und § 125 Abs. 1 BAO – vergessener Regelbesteuerungsantrag im Zusammenhang mit dem Wegfall der Einheitswertgrenze gem. § 125 Abs. 1 BAO (dadurch Wegfall der Buchführungspflicht) und Eintritt in die Durchschnittsatzbesteuerung gem. § 22 BAO

Die zweite Fragestellung behandelt den Wegfall der Einheitswertgrenze und Erhöhung der Umsatzgrenze für den Eintritt der Buchführungspflicht. Die Einheitswertgrenze ist durch eine Gesetzesänderung der BAO schon mit 1. Jänner 2020 weggefallen (BGBl I Nr. 96/2020). Durch den Wegfall der Einheitswertgrenze ist die Buchführungspflicht erloschen, wenn die Umsatzgrenze gem. § 22 UStG von EUR 400.000 nicht überschritten wurde. Vielfach erzielen Marktfruchtbetriebe und Forstbetriebe mit Einheitswerten von mehr als EUR 150.000 (alte Einheitswertgrenze) Umsätze, die beträchtlich unter der damaligen Pauschalierungsgrenze von EUR 400.000 lagen. Diese Betriebe waren gem. § 125 BAO buchführungspflichtig aufgrund des Überschreitens der Einheitswertgrenze. Durch den Wegfall der Einheitswertgrenze ab 1. Jänner 2020 ist die Buchführungspflicht erloschen und die Land- und Forstwirte waren ab 1. Jänner 2020 wieder durchschnittsatzbesteuert gem. § 22 UStG. Einige dieser Landwirte haben weiterhin Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen abgegeben und die Zahllasten entrichtet. Es wurde aber übersehen, dass in diesen Fällen (gewünschte fortgesetzte Regelbesteuerung) die Regelbesteuerung gem. § 22 Abs. 6 UStG bis spätestens 31. Dezember 2021 (auf zwei Jahre verlängerte Frist) zu beantragen gewesen wäre. Von Kolleginnen und Kollegen wurde berichtet, dass zumindest in einigen Fällen die USt-Veranlagung 2021 als regelbesteuerter Landwirt erfolgt ist. Als mit dem StRefG 1993 (BGBl Nr. 818/1993) die Gewinngrenze für Pauschalierung entfallen ist, traten ähnliche Probleme auf. Durch einen BMF-Erlass, der regelte, dass durch die weitere Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Umsatzsteuerjahreserklärungen die fortgesetzte Regelbesteuerung mit 5-jähriger Bindungswirkung ausgelöst wurde, konnten diese Schwierigkeiten beseitigt werden. 

Im Interesse der Kolleginnen und Kollegen, die in diesen Fällen übersehen haben, die Regelbesteuerung für 2020 bis spätestens 31.12.2021 (bei einem Antrag 2021 mit gleichzeitiger Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung 2020) zu beantragen, wird angeregt, eine ähnliche Regelung bspw. mittels Erlasses zu schaffen.

Beantwortung:

Zu § 22 Abs. 1 UStG 1994 und § 125 Abs. 4 BAO

Der Antrag gemäß § 125 Abs. 4 BAO ist gesetzlich notwendig, um die gemäß § 125 Abs. 3 BAO entstandene Verpflichtung zur Regelbesteuerung aufzuheben. Da gemäß § 22 Abs. 1a UStG 1994, hinsichtlich der Umsatzgrenze bzw. des Zeitpunkts des Eintritts der aus dem Über- oder Unterschreiten der Umsatzgrenze resultierenden umsatzsteuerlichen Folgen, § 125 BAO sinngemäß anzuwenden ist, kann das Finanzamt nur bei Stellung eines Antrags gemäß § 125 Abs. 4 BAO die Verpflichtung zur Regelbesteuerung aufheben.

Zu § 22 Abs. 1 und 6 UStG 1994 sowie § 125 Abs. 1 BAO

Gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 ist ein Antrag auf Regelbesteuerung gesetzlich notwendig, um auf die Pauschalbesteuerung zu verzichten. Der Antrag ist eine an keine besondere Form gebundene Erklärung im Sinne von § 85 Abs. 1 und § 86a BAO und ist schriftlich oder per Fax einzureichen oder kann auch elektronisch über Finanz-Online (https://finanzonline.bmf.gv.at) übermittelt werden. Die Frist zur Abgabe der Erklärung ist nicht verlängerbar (siehe UStR Rz 2916). Die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen oder Umsatzsteuerjahreserklärungen macht die Antragstellung auf Regelbesteuerung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 hingegen nicht obsolet.