Steuerliche Fragestellungen bei Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und deren Mitgliedern

Anfragebeantwortung vom 3.11.2023

Ausgangslage:
Die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) ist in § 79 Erneuerbaren Energie-Ausbaugesetz (EAG) geregelt. Eine EEG darf Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen, die eigenerzeugte Energie verbrauchenspeichern oder verkaufen.
Gemäß § 16d Abs. 5 Elektrizitätswirtschafts-Organisationsgesetz (ElWOG) liegt die Betriebs- und Verfügungsgewalt über die Erzeugungsanlage bei der EEG. Hinsichtlich der Betriebsführung und Wartung ihrer Erzeugungsanlagen kann sich die Energiegemeinschaft eines Dritten bedienen. Teilnehmer an EEG können

  • Volleinspeiser (die gesamte erzeugte Energie wird an die Energiegemeinschaft geliefert) oder
  • Überschusseinspeiser (lediglich jener Anteil der Stromproduktion wird der EEG zur Verteilung zur Verfügung gestellt, welcher nicht selbst verbraucht wird)

sein.

Überschusseinspeiser:
Die folgenden Fragen beginnen mit dem in der Praxis häufigen „Überschuss-Modell“. Das zivilrechtliche Eigentum an der Energieerzeugungsanlage bleibt beim Gesellschafter/Mitglied der Erneuerbaren Energiegemeinschaft (EEG). Die Energieerzeugungsanlage wird – rechtlich und energiewirtschaftlich - im Ausmaß der nicht selbst verbrauchten Energie mittels „Vereinbarung über die Einbringung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie in die Erneuerbare Energiegemeinschaft“ der EEG zur Verfügung gestellt. Der zivilrechtliche Eigentümer  (Überschusseinspeiser) räumt der EEG im Ausmaß der in die EEG eingelieferten Energie eine beschränkte elektrizitätswirtschaftliche Betriebs- und Verfügungsmacht ein. Darüber hinaus behält er sich die Betriebs- und Verfügungsmacht im Ausmaß der selbst verbrauchten Energie sowie der nicht in der Erneuerbaren Energiegemeinschaft verbrauchten und daher ins öffentliche Netz eingespeisten Energie zurück. Der Überschusseinspeiser erzielt Einnahmen für die (anteilige) Bereitstellung der Energieerzeugungsanlage die grundsätzlich steuerlich zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen (BMF-Info zu Photovoltaikanlagen, BMF-010219/0488-VI/4/2013). Ab der Veranlagung 2022 sind gemäß § 3 Z 39 EStG idF BGBl I 2022/108 die Einkünfte aus der Einspeisung von Strom bis 12.500 kWh von der Einkommensteuer befreit, wenn die Engpassleistung der jeweiligen Anlage die Grenze von 25 kWp bzw. seit dem AbgÄG 2023 35 kWp und die Anschlussleistung die Grenze von 25 kWp nicht überschreiten.


Frage zur Einkommensteuer: Kann für die Einnahmen des Energieerzeugers aus der Beteiligung an einer EEG die Befreiung § 3 Abs. 1 Z 39 EStG unter den dort genannten Voraussetzungen zur Anwendung kommen?
Wenngleich aufgrund der energiewirtschaftlichen Rahmengesetze (§§ 79 ff EAG und §§ 16c ff ElWOG) es sich um Einnahmen für die (anteilige) Bereitstellung der Energieerzeugungsanlage handelt, kommt es in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu einer Energielieferung an die EEG, die technisch über das öffentliche Netz erfolgt. Diese Einkünfte aus der Einspeisung von Strom, der in wirtschaftlicher Betrachtungsweise an die EEG geliefert wird, fällt unter die Befreiung des § 3 Abs. 1 Z 39 EStG, soweit die dort genannten Voraussetzungen für den Energieerzeuger erfüllt sind.


Frage zur Umsatzsteuer: Kann für Zwecke der Umsatzsteuer davon ausgegangen werden, dass Elektrizität vom Erzeuger der Energie an die EEG geliefert wird und auf die EEG gemäß § 19 Abs. 1c UStG iVm § 2 Z 2 Umsatzsteuerbetrugsbekämpfungsverordnung – UStBBKV, BGBl II Nr. 369/2013 als Unternehmer die Umsatzsteuerschuld dafür übergeht?
Wenngleich nach aufgrund der energiewirtschaftlichen Rahmengesetze (§§ 79 ff EAG und §§ 16c ff ElWOG) es sich um die (anteilige) Bereitstellung der Energieerzeugungsanlage handelt, kommt es in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu Lieferung von Elektrizität an die EEG. Die EEG ist gemäß § 2 ZUSt-BBKV als Wiederverkäufer anzusehen und schuldet daher die Umsatzsteuer entsprechend dem Reverse Charge-Verfahren gemäß § 19 Abs. 1c UStG.


Frage zur Elektrizitätsabgabe: Sind die Einspeisungen durch die Mitglieder einer EEG gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 Elektrizitätsabgabegesetz befreit, soweit sie von diesen Elektrizitätserzeugern oder Mitgliedern/Gesellschaftern einer EEG selbst verbraucht werden und ist die Führung von Aufzeichnungen durch die EEG ausreichend?
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 Elektrizitätsabgabegesetz sind aus erneuerbaren Energieträgern von Elektrizitätserzeugern sowie Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften nach § 79 EAG selbst erzeugte elektrische Energie von der Elektrizitätsabgabe befreit, soweit sie nicht in das Netz eingespeist, sondern von diesen Elektrizitätserzeugern oder Mitgliedern/Gesellschaftern einer EEG selbst verbraucht wird, für die jährlich bilanziell nachweisbar selbst verbrauchte elektrische Energie. Daher sind die Einspeisungen von Strom durch die Mitglieder der EEG von der Elektrizitätsabgabe befreit. Sofern von der EEG der Strom weiter in das öffentliche Netz geliefert wird, unterliegt die folgende Lieferung durch das EVU der Elektrizitätsabgabe. Es ist ausreichend, wenn die Aufzeichnungen gemäß § 4 ElAbG-Umsetzungsverordnung von der EEG geführt werden. Das Mitglied treffen daher keine weiteren Aufzeichnungspflichten.

Volleinspeiser:
Der zivilrechtliche Eigentümer (Volleinspeiser) räumt der EEG eine umfassende elektrizitätswirtschaftliche Betriebs- und Verfügungsmacht ein, wodurch die gesamte erzeugte Energie wird an die Energiegemeinschaft geliefert wird. Aus unserer Sicht sind die oben angeführten Frage in gleicher Weise für Überschusseinspeiser zu beantworten.

Es wird um Bestätigung unserer Rechtsansicht gebeten.

 

Betreffend Ihre Frage zur Einkommensteuer ist Ihrer Rechtsansicht zuzustimmen, dass es in wirtschaftlicher Betrachtungsweise sowohl im Falle des Überschuss- als auch des Volleinspeisers zu einer Energielieferung durch den Eigentümer der Energieerzeugungsanlage an die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) kommt. Unter den dort genannten Voraussetzungen kommt die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 39 EStG 1988 zur Anwendung.

Betreffend Ihre Frage zur Umsatzsteuer ist Ihrer Rechtsansicht zuzustimmen, dass es in wirtschaftlicher Betrachtungsweise sowohl im Falle des Überschuss- als auch des Volleinspeisers zu einer Lieferung von Elektrizität durch den Eigentümer der Energieerzeugungsanlage an die EEG kommt. Unter den Voraussetzungen des § 2 Z 2 UStBBKV schuldet diesfalls die EEG die Steuer für die Lieferung der Elektrizität. 

Betreffend die Frage zur Elektrizitätsabgabe ist anzumerken: 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 Elektrizitätsabgabegesetz (ElAbgG) ist aus erneuerbaren Energieträgern von Elektrizitätserzeugern einschließlich EEG nach § 79 EAG selbst erzeugte elektrische Energie von der Elektrizitätsabgabe befreit, soweit sie nicht in das Netz eingespeist, sondern von diesen Elektrizitätserzeugern, ihren teilnehmenden Berechtigten, Mitgliedern oder Gesellschaftern selbst verbraucht wird; dies gilt für die jährlich bilanziell nachweisbar selbst verbrauchte elektrische Energie. 

Wird für die Weiterleitung der elektrischen Energie innerhalb der EEG das öffentliche Netz genutzt, ist dies nicht begünstigungsschädlich. Unter diesen Voraussetzungen ist für Mitglieder/Gesellschafter der EEG die selbst verbrauchte und die eingespeiste und innerhalb der EEG verbrauchte elektrische Energie von der Elektrizitätsabgabe befreit. 

Soweit die EEG (bzw. ihre Mitglieder/Gesellschafter) die elektrische Energie in das „allgemeine“ öffentliche Netz (also an ein EVU oder einen sonstigen Wiederverkäufer) liefern, ist diese Lieferung nicht steuerbar. Erst eine folgende Lieferung durch ein EVU an einen Verbraucher unterliegt der Elektrizitätsabgabe. 

Im Falle von EEG ist es ausreichend, wenn die Aufzeichnungen gemäß § 4 ElAbG-Umsetzungsverordnung von der EEG geführt werden: 

Das Mitglied/den Gesellschafter, sofern es sich bei diesem um einen Volleinspeiser handelt, treffen keine weiteren Aufzeichnungspflichten. 

Im Falle von Überschusseinspeisern (lediglich jener Anteil der Stromproduktion wird der EEG zur Verteilung zur Verfügung gestellt, welcher nicht selbst verbraucht wird) gilt dies grundsätzlich nicht, es sei denn, die Aufzeichnungen der EEG erstrecken sich auch auf jene Mengen an elektrischer Energie, die vom Überschusseinspeiser selbst verbraucht oder an EVU geliefert und nicht der EEG zur Verfügung gestellt werden.