Steuerliche Abzugsfähigkeit von ungarischen Sondersteuern in Österreich

Anfragebeantwortung vom 08.01.2025

SACHVERHALT

Eine in Österreich ansässige gewerblich tätige Personengesellschaft hält direkt eine 99 % Beteiligung an einer ungarischen Gesellschaft. Rechtsform der ungarischen Gesellschaft ist eine Bt (Betéti társaság), welche mit einer österreichischen GmbH & Co KG vergleichbar ist. Die ungarische Bt erzielte in Ungarn einen steuerlichen Verlust, der in Österreich gemäß § 2 Abs. 8 Z 3 EStG berücksichtigt wird. Für Zwecke des § 2 Abs. 8 EStG sind die ausländischen Einkünfte auf inländisches Recht zu adaptieren, wobei im gegenständlichen Fall folgende Besonderheiten des ungarischen Steuerrechts aus österreichischer Sicht zu beurteilen sind:

Die ungarische Gesellschaft war als im Einzelhandel tätige Gesellschaft verpflichtet eine Sondersteuer für das Einzelhandelsgewerbe gemäß ungarischem Gesetz zu entrichten. Zudem hatte die ungarische Gesellschaft eine Gesundheitssteuer, die Lebensmittelkettenabgabe sowie eine Innovationssteuer gemäß ungarischem Gesetz zu entrichten.

Bemessungsgrundlage für diese Sondersteuer für den Einzelhandel ist der Nettoumsatz. Die Staffelung dieser Sondersteuer gestaltet sich wie folgt:

  • Umsatz bis 500 Mio. HUF ist von der Sondersteuer befreit
  • Umsatz über 500 Mio. HUF bis 30 Mrd. HUF: 0,15 %
  • Umsatz über 30 Mrd. HUF bis 100 Mrd. HUF: 1 %
  • Umsatz über 100 Mrd. HUF: 4,1 %

Die Einnahmen aus dieser Sondersteuer dienen informationsgemäß der Aufrechterhaltung der staatlich regulierten Verbraucherenergiepreise und Investitionen in die Landesregierung.

Der Gesundheitssteuer (Public Health Product Tax, „NETA“) unterliegen inländische Erstinverkehrsbringer bestimmter Produkte sowie Erwerber von Waren, die aus dem Ausland eingeführt und für die inländische Herstellung eigener Produkte verwendet werden, die in Ungarn verkauft werden sollen. Es handelt sich dabei um eine Produktsteuer, da sich die Steuerpflicht nur für bestimmte Produkte, die ungesunde Mengen an Zucker, Salz und Koffein enthalten, ergibt. Ziel der Gesundheitssteuer ist die Reduktion des Konsums von ungesunden Lebensmitteln und die Förderung einer gesünderen Ernährung.

Die Lebensmittelkettenabgabe (Food Chain Supervision Fee, „FCSF“) dient der Beschaffung von Einnahmen für den Betrieb einer Regulierungsbehörde, die mit der amtlichen Überwachung der Lebensmittelkette beauftragt ist. In der Regel beträgt die jährliche Lebensmittelkettenabgabe 0,1 % der Nettoumsatzerlöse aus dem Lebensmittelverkauf (ohne Verbrauchssteuer und Gesundheitssteuer), die im vergangenen Jahr aus diesen Tätigkeiten erzielt wurden. 

Die Innovationssteuergrundlage entspricht der allgemeinen Gewerbesteuerbemessungsgrundlage (auch genannt Gemeindesteuer). Die Steuerbemessungsgrundlage ist der Gesamtnettoumsatz abzüglich der Kosten der verkauften Waren (COGS), der Arbeit von Unterauftragnehmern, der Materialkosten, der vermittelten Dienstleistungen und der Kosten für Forschung und Entwicklung (F&E). Diese Posten sind bei Steuerzahlern mit größerem Umsatz in abnehmender Höhe abzugsfähig (was zur Folge hat, dass Unternehmen mit geringerer Gewinnspanne höhere effektive Steuersätze haben können). Der Beitragssatz für die Innovationssteuer (auch bekannt unter R&D tax) beträgt in ganz Ungarn einheitlich 0,3 %.

 

FRAGESTELLUNG

Sind die ungarische Sondersteuer für das Einzelhandelsgewerbe, die Gesundheitssteuer sowie die Lebensmittelkettenabgabe und der Innovationsbeitrag bei der Ermittlung des in Österreich zu berücksichtigenden steuerlichen Ergebnisses der ungarischen Beteiligung als abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln oder nach § 12 Abs. 1 Z 6 KStG als nicht abzugsfähig zu behandeln?

 

RECHTSANSICHT DER KSW

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 6 KStG sind folgende Aufwendungen und Ausgaben nicht abzugsfähig:

Die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern und die aus Anlass einer unentgeltlichen Grundstücksübertragung anfallende Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühren und andere Nebenkosten; weiters die Umsatzsteuer, die auf nichtabzugsfähige Aufwendungen entfällt.

Wir haben untenstehend eine Würdigung vorgenommen, ob die in Rede stehenden ungarischen Steuern als nicht abzugsfähiger Aufwand iSd § 12 Abs. 1 Z 6 KStG qualifizieren bzw. als welche Steuerart sie generell anzusehen sind.

1) Ungarische Sondersteuer für das Einzelhandelsgewerbe

a) Qualifikation als Umsatzsteuer?

Die ungarische Sondersteuer für das Einzelhandelsgewerbe unterscheidet sich von den Merkmalen der typischen Mehrwertsteuer als Verbrauchssteuer. Die gegenständliche ungarische Sondersteuer bezieht sich nicht auf den Konsum des Wirtschaftsguts, sondern auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens im jeweiligen Geschäftszweig direkt, das auf Grundlage ihres Nettoumsatzes eine Sondersteuer entrichten soll. Ziel dieser Sondersteuer ist nicht die Besteuerung des Endverbrauchers kraft Konsums, sondern die Besteuerung von Unternehmen bestimmter Geschäftszweige zum Zwecke der Aufrechterhaltung staatlich regulierter Verbraucherenergiepreise. Träger der gegenständlichen Sondersteuer ist folglich das Unternehmen selbst, was kein typisches Charakteristikum der Umsatzsteuer ist.

Im März 2020 hatte der EuGH (EuGH vom 03. März 2020, Vodafone, C-75/18) bereits für eine ähnliche ungarische Sondersteuer (nämlich jene für Telekommunikationsunternehmen) entschieden. Auch diese Sondersteuer bemisst sich vom Nettoumsatz.

Der EuGH hat in dieser Entscheidung vier typische Merkmale einer Mehrwertsteuer angeführt (vgl. CURIA - Documents (europa.eu) Rz 62 ff):

  • die allgemeine Geltung der Mehrwertsteuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte,
  • die Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält,
  • ihre Erhebung auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der zuvor bewirkten Umsätze, sowie
  • der Abzug der auf den vorhergehenden Produktions- und Vertriebsstufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Mehrwertsteuer, so dass sie sich auf der jeweiligen Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (Urteil vom 3. Oktober 2006, Banca Popolare di Cremona, C‑475/03, EU:C:2006:629, Rn. 28).

Der EuGH hat festgehalten, dass die Sondersteuer für Telekommunikationsunternehmen das dritte und das vierte wesentliche Merkmal der Mehrwertsteuer – ihre Erhebung auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe sowie das Recht auf Abzug der auf der vorhergehenden Stufe bereits entrichteten Steuer – nicht aufweist. Im Unterschied zur Mehrwertsteuer wird diese Sondersteuer, deren Bemessungsgrundlage der Nettoumsatz des betreffenden Steuerpflichtigen ist, nämlich nicht auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe erhoben, enthält keinen dem Vorsteuerabzugsrecht entsprechenden Mechanismus und beruht nicht allein auf dem Mehrwert, der auf den verschiedenen Stufen hinzukommt. Der EuGH ist damit zum Ergebnis gekommen, dass die ungarische Sondersteuer für Telekommunikationsunternehmen keine Mehrwertsteuer darstellt.

In Anlehnung an diese Ausführungen des EuGH sehen wir für den vorliegenden Fall der ungarischen Sondersteuer für Einzelhandelsgewerbe die Qualifikation als Umsatzsteuer im Sinne des EU-Rechts als nicht erfüllt an.

b) Qualifikation als Personensteuer?

Nach hA stellen gemäß § 12 Abs. 1 Z 6 KStG sämtliche in- und ausländische Personensteuern von unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften nichtabzugsfähige Aufwendungen dar. Diese Bestimmung erstreckt sich somit auch auf jene ausländischen Steuern, die nach österreichischer Sicht als Personensteuern einzustufen sind. Als Personensteuern sind allgemein all jene Steuern zu qualifizieren, die auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen Bedacht nehmen. Steuergegenstand und Steuerhöhe sind hierbei durch personenbezogene Merkmale (Wohnsitz, Alter, Familienstand, etc.) bestimmt. Zu den Personensteuern zählen in erster Linie die Körperschaftsteuer inklusive der Mindestkörperschaftsteuer und die Kapitalertragsteuer. Ebenso fallen die bis 2008 erhobene Erbschafts- und Schenkungssteuer darunter. Vermögensteuern werden derzeit in Österreich nicht erhoben, wären jedoch unter die nicht abzugsfähigen Personensteuern zu subsumieren. Die Grundsteuer ist zwar auch eine Vermögensteuer, allerdings keine personenbezogene Steuer und fällt daher nicht unter die Z 6 (vgl. Lachmayer in Lachmayer/Strimitzer/Vock (Hrsg), Die Körperschaftsteuer – KStG 1988 (31. Lfg 2018) § 12 Abs. 1, Rz 94). Auch die Stabilitätsabgabe nach dem Stabilitätsabgabegesetz ist eine Personensteuer und fällt damit grds. unter das Abzugsverbot (vgl. Lachmayer in Lachmayer/Strimitzer/Vock (Hrsg), Die Körperschaftsteuer – KStG 1988 (31. Lfg 2018) § 12 Abs. 1, Rz 99). Die Grunderwerbsteuer hingegen ist jedenfalls eine Objektsteuer und fällt nicht unter die Nichtabzugsfähigkeit von Personensteuern (vgl. Lachmayer in Lachmayer/Strimitzer/Vock (Hrsg), Die Körperschaftsteuer – KStG 1988 (31. Lfg 2018) § 12 Abs. 1, Rz 98).

In der Literatur findet sich eine maßgebliche Anfragebeantwortung durch das BMF (EAS 3327) zur Commercial Activity Tax des US-Bundesstaates Ohio aus dem Jahr 2013, die auch für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts Relevanz hat:

Nach dem DBA Österreich-USA werden Einkommensteuern der US-Bundesstaaten („State Taxes“) nicht erfasst. Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung findet sich in § 1 Abs. 3 der Doppelbesteuerungsverordnung, BGBl, Nr. 474/2002, eine Anrechenbarkeit für „Steuern vom Einkommen“ lokaler Gebietskörperschaften vor. Als „Steuer vom Einkommen“ können jedoch nur Abgaben angesehen werden, die wesentliche systemische Merkmale der österreichischen Einkommensteuer bzw., Körperschaftsteuer gemein haben. Diese Vergleichbarkeit ist jedoch auf den ersten Blick nicht gegeben: Steuergegenstand der gegenständlichen Commercial Activity Tax ist nicht die Einkommenserzielung, sondern das Vorrecht, eine gewerbliche Tätigkeit in Ohio ausüben zu können. Als Bemessungsgrundlage wird der dem Umsatz vergleichbare Betrag der Roheinnahmen genannt. Daraus wird geschlossen, dass die Commercial Activity Tax keine Personensteuer, sondern vielmehr eine steuerlich abzugsfähige Sachsteuer (Objektsteuer) darstellt.

Das BMF führt aus, dass „der Umstand, dass diese Abgabe an die Stelle der früheren lokalen Einkommens-/Körperschaftsbesteuerung von Ohio tritt, ihr nicht den Charakter einer mit der österreichischen Einkommensbesteuerung vergleichbaren Steuer zu verleihen mag.“ Das BMF führte in diesem EAS weiter aus: „Wohl war die seinerzeitige österreichische Gewerbeertragsteuer als von den DBA erfasste "Steuer vom Einkommen" angesehen worden, obgleich sie ebenfalls nicht als Personen- sondern als Sachsteuer konzipiert war. Dies geschah aber allein deshalb, weil ihre Bemessungsgrundlage aus der Bemessungsgrundlage der Einkommen-/Körperschaftsteuer abzuleiten war und weil daher die Gewerbeertragsteuer nicht vom Rohertrag, sondern vom Reinertrag des Unternehmens erhoben worden ist. Dies ist aber bei der CAT nicht der Fall.“ Aufgrund dessen wurde eine DBA-rechtliche Entlastung in Bezug auf die commercial activity tax verneint.

Das österreichische Einkommenssteuerrecht wird vom Nettoprinzip geprägt: Das Nettoprinzip hat zwei Ausprägungen, nämlich (i) das objektive Nettoprinzip und (ii) das subjektive Nettoprinzip. Das objektive Nettoprinzip besagt, dass der Einkommensbesteuerung nur eine Differenzgröße unterworfen werden darf. Demnach können Betriebsausgaben und Werbungskosten, die zur Erzielung des Einkommens geführt haben, bei der Einkommensermittlung abgezogen werden (d.h., Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte). Ein fiktives Einkommen darf nicht besteuert werden (vgl. Holzinger, Praxis: Einkommensteuer – Allgemeines (Stand 11.4.2019, Lexis Briefings in lexis360.at)).

Auch wenn wie oben ausgeführt, Träger der gegenständlichen ungarischen Sondersteuer auf Einzelhandelsgewerbe das Unternehmen ist, liegt u.E. dennoch keine Personensteuer vor, da Bemessungsgrundlage einer Personensteuer eine Nettogröße wie beispielsweise das Einkommen darstellt, die ungarische Sondersteuer sich jedoch vom Umsatz berechnet. Diese Ansicht kann auch durch obenstehend zitierte EAS 3327 untermauert werden. 

Zudem kann diese Argumentation aus rechnungslegungsrechtlicher Sicht unterstützt werden: Steuern, deren Bemessungsgrundlage Verkäufe oder andere Bruttoerfolgsgrößen sind (wie z.B. die Umsatzerlöse) ist, fallen nicht in den Anwendungsbereich von IAS 12 (Ertragsteuern). Der Ausweis hat vielmehr über den sonstigen betrieblichen Aufwand zu erfolgen.

c) Conclusio

Nach dem Gesamtbild der Umstände stellt die ungarische Sondersteuer auf Einzelhandelsgewerbe zum Zwecke der Regulierung der Verbraucherenergiepreise weder eine Umsatzsteuer noch eine Personensteuer dar, sondern qualifiziert vielmehr als Objektsteuer. Mangels Erfüllens eines Tatbestandes des Abzugsverbotes iSd § 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 kann die gegenständliche Sondersteuer u.E. für körperschaftsteuerliche Zwecke steuerwirksam als Betriebsausgabe berücksichtigt werden. In der steuerlichen Gewinnermittlung (Mehr-Weniger-Rechnung) der österreichischen Personengesellschaft ist die auf das Jahr 2023 in Ungarn entfallende Sondersteuer für das Einzelhandelsgewerbe als abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln.

 

2) Ungarische Gesundheitssteuer

a) Qualifikation als Personensteuer?

Wie obenstehend bereits erwähnt werden bei Personensteuern der Steuergegenstand und die Steuerhöhe (Bemessungsgrundlage, Steuersätze, Freibeträge, etc.) durch personenbezogene Merkmale (Wohnsitz, Alter, Familienstand, etc.) bestimmt. Objektsteuern sind hingegen solche, bei denen die Steuer (Steuergegenstand und Steuerhöhe) anhand objektbezogener Merkmale (Art, Alter, Größe eines Gegenstandes oder einer Leistung) bestimmt wird (z.B. Mineralölsteuer, Energieabgaben, Tabaksteuer) (vgl. Tumpel, Steuern kompakt 2024 (2024) Seite 3).

Das Wesensmerkmal der ungarischen Gesundheitssteuer liegt in der Besteuerung von gesundheitsschädlichen Lebensmitteln. Die Steuer fällt auf konkret definierte, ungesunde Lebensmittel an. Je nach Produktgruppe und Ausmaß der schädlichen Inhaltsstoffe fällt ein anderer Betrag an (z.B. für einen Energy Drink fällt je nach Tarifnummer, Methyl-Xanthin- und Taurin-Gehalt ein Betrag von 65 HUF oder 390 HUF/Liter an; für Fruchtkonfitüre je nach Tarifnummer und Zuckergehalt ein Betrag von 260 HUF bzw. 780 HUF/Kilogramm). 

Vom Zweck der ungarischen Gesundheitssteuer ist diese der Alkoholsteuer oder der Tabaksteuer in Österreich sehr ähnlich. Auch die Tabaksteuer soll den Konsum gesundheitsgefährdender Produkte einer zusätzlichen Steuerbelastung unterwerfen.

Auch wenn die ungarische Gesundheitssteuer nur für inländische Erstinverkehrsbringer bestimmter Produkte sowie Erwerber von Waren, die aus dem Ausland eingeführt und für die inländische Herstellung eigener Produkte verwendet werden, die in Ungarn verkauft werden sollen, anwendbar ist, ist Steuergegenstand ein bestimmtes Produkt. Auch die Steuerhöhe variiert je nach Produkt und je nach Inhaltsstoffen. Dies sind eindeutig Merkmale einer Objektsteuer und nicht von einer Personensteuer.

Infolgedessen und aufgrund der eindeutigen Vergleichbarkeit der ungarischen Gesundheitssteuer mit beispielsweise der österreichischen Tabaksteuer, welche jedenfalls als Objektsteuer (Sachsteuer) qualifiziert, ist auch die ungarische Gesundheitssteuer als Objektsteuer (Sachsteuer) gemäß österreichischem Steuerrecht einzuordnen.

b) Conclusio

Nach dem Gesamtbild der Umstände stellt die ungarische Gesundheitssteuer eine Objektsteuer dar. Mangels Erfüllens eines Tatbestandes des Abzugsverbotes iSd § 12 Abs. 1 Z 6 KStG kann die gegenständliche Sondersteuer u.E. für körperschaftsteuerliche Zwecke steuerwirksam berücksichtigt werden. In der steuerlichen Gewinnermittlung (Mehr-Weniger-Rechnung) der österreichischen Personengesellschaft ist die auf das Jahr 2023 in Ungarn entfallende Gesundheitssteuer als abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln (Reduktion der Umsatzerlöse um die Gesundheitssteuer).

 

3) Ungarische Lebensmittelkettenabgabe

a) Qualifikation als Steuer, Beitrag oder Gebühr?

Bei der ungarischen Lebensmittelkettenabgabe handelt es sich um eine zweckgebundene Abgabenart iHv. 0,1 % des Nettoumsatzes. Durch die Lebensmittelkettenabgabe sollen Einnahmen für die Regulierungsbehörde, die mit der amtlichen Überwachung der Lebensmittelkette beauftragt ist, entstehen.

Steuern sind Geldleistungen an Gebietskörperschaften, denen eine unmittelbare Gegenleistung nicht gegenübersteht (z.B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer). Die Steuerpflicht entsteht somit unabhängig von der Nutzung öffentlicher Leistungen aufgrund der Verwirklichung des Steuertatbestandes. Steuern unterliegen keiner Zweckbindung (vgl. Tumpel, Steuern kompakt 2024 (2024) Seite 1 ff).

Beiträge sind Geldleistungen, die demjenigen auferlegt werden, der an der Errichtung oder Erhaltung einer öffentlichen Einrichtung ein besonderes Interesse hat (z.B. Anliegerbeiträge für die Straßenerrichtung). Davon zu unterscheiden sind Beiträge an andere öffentlich-rechtliche Körperschaften (z.B. Sozialversicherungsbeiträge). Beiträge werden erhoben, wenn die Möglichkeit zur Nutzung öffentlicher Leistungen besteht (vgl. Tumpel, Steuern kompakt 2024 (2024) Seite 1 ff). Beiträge dienen der Teilfinanzierung von Aufgaben (vgl. Perl, Steuerrecht für die Praxis7 (2024) Rz 1).

Als Gebühren werden öffentlich-rechtliche Entgelte für eine besondere, vom Bürger unmittelbar in Anspruch genommene Leistung einer Gebietskörperschaft bezeichnet (z.B. Wasser-, Kanal- oder Müllabfuhrgebühren). Gebühren fallen somit bei tatsächlicher Nutzung öffentlicher Leistungen an (vgl. Tumpel, Steuern kompakt 2024 (2024) Seite 1 ff).

Da mit der ungarischen Lebensmittelkettenabgabe eine Gegenleistung in Form der Qualitätssicherung der Lebensmittelversorgungskette zusammenhängt und somit eine Zweckgebundenheit vorliegt, handelt es sich hierbei nicht um eine Steuer im klassischen Sinn, sondern um einen Beitrag zur Finanzierung erforderlicher Qualitätssicherungsmaßnahmen eines im Allgemeinwesen stehenden Sektors (Qualitätssicherung der Lebensmittelversorgungskette). Eine Gebühr liegt u.E. im vorliegenden Fall nicht vor, da die Lebensmittelkettenabgabe kein Entgelt für direkt in Anspruch genommene öffentliche Dienstleistungen darstellt.

Betriebsausgaben sind iSd § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine betriebliche Veranlagung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben

  • objektiv im Zusammenhang mit einer betrieblichen Tätigkeit stehen und
  • subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und
  • nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot fallen (EStR Rz 1079).

Aufwendungen sind in der Regel dann betrieblich veranlasst, wenn die Leistung, für die die Ausgaben erwachsen, aus betrieblichen Gründen (im Interesse des konkreten Betriebs) erbracht wird (vgl. Jakom/Marschner EStG, 2024, § 4 Rz 272). Die Verpflichtung zur Entrichtung einer Lebensmittelkettenabgabe ist aufgrund der konkreten Tätigkeit der ungarischen Gesellschaft gegeben (eingetragene bzw. zugelassene Lebensmittelunternehmen fallen nämlich unter den Anwendungsbereich der Lebensmittelkettenabgabe). Folglich ist die Lebensmittelkettenabgabe betrieblich veranlasst, der objektive Zusammenhang ist also gegeben. Zudem trifft die Lebensmittelabgabe das ungarische Unternehmen unfreiwillig.

Eine Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen und Ausgaben gemäß § 12 KStG iVm § 20 EStG ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da kein Tatbestandsmerkmal Anwendung finden sollte. Die Lebensmittelkettenabgabe sollte folglich als Betriebsausgabe zur Gänze ertragsteuerlich abzugsfähig sein.

b) Conclusio

Nach dem Gesamtbild der Umstände stellt die ungarische Lebensmittelkettenabgabe iwS einen Beitrag dar. Diese ist u.E. als Betriebsausgabe für körperschaftsteuerliche Zwecke voll abzugsfähig. In der steuerlichen Gewinnermittlung (Mehr-Weniger-Rechnung) der österreichischen Personengesellschaft ist die auf das Jahr 2023 in Ungarn entfallende Lebensmittelkettenabgabe als abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln.

 

4) Ungarische Innovationssteuer

a) Qualifikation als Umsatzsteuer?

Die Wesensmerkmale einer Umsatzsteuer bestehen in der Besteuerung des Konsums auf Basis des Nettoumsatzes. Im Falle der ungarischen Innovationssteuer handelt es sich jedoch um eine Steuer iHv. 0,3%, die auf Basis des Nettoumsatzes abzüglich weiterer bestimmter Aufwendungen (z.B. COGS und Materialkosten, F&E Aufwendungen, etc.) berechnet wird. Die Innovationssteuer erfüllt zudem nicht sämtliche der obenstehend unter Punkt 1a) angeführten typischen vier Charakteristika einer Umsatzsteuer. Bei der Innovationssteuer handelt es sich nicht um eine Allphasenbesteuerung, sie enthält keinen dem Vorsteuerabzugsrecht entsprechenden Mechanismus und beruht nicht allein auf dem Mehrwert, der auf den verschiedenen Stufen hinzukommt.

Die Innovationssteuer kann folglich jedenfalls nicht als Umsatzsteuer im Sinne des EU-Rechts angesehen werden.

b) Qualifikation als Steuer vom Einkommen?

Die Bemessungsgrundlage für die ungarische Innovationssteuer entspricht im Wesentlichen der Bemessungsgrundlage für die allgemeine ungarische Gewerbesteuer (local business tax). Die Steuerbemessungsgrundlage ist der Gesamtnettoumsatz abzüglich der Kosten der verkauften Waren (COGS), der Arbeit von Unterauftragnehmern, der Materialkosten, der vermittelten Dienstleistungen und der Kosten für Forschung und Entwicklung (F&E). Steuerobjekt ist damit das Einkommen und nicht der Umsatz. Die jährliche Innovationssteuerpflicht ist in der jährlichen ungarischen Körperschaftsteuererklärung anzugeben. Die Innovationssteuer ist folglich ähnlich wie eine Körperschaftsteuer ausgestaltet und weist eine ähnliche Bemessungsgrundlage auf (siehe hierzu auch obenstehend das zitierte EAS 3327).

Die ungarische Innovationssteuer ist u.E. daher als „Steuer vom Einkommen“ einzustufen.

c) Conclusio

Bei der ungarischen Innovationssteuer, die auf einer ertragssteuerlichen Nettogröße (Nettoumsatz abzüglich diverser Aufwendungen) basiert, handelt es sich aufgrund ihrer Charakteristika um eine mit der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbare Steuer vom Einkommen. Folglich liegt u.E. ein Anwendungsfall des steuerlichen Abzugsverbotes iSd § 12 Abs. 1 Z 6 KStG vor. In der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung der österreichischen Personengesellschaft ist die auf das Jahr 2023 in Ungarn entfallende Innovationssteuer als nicht abzugsfähig zu behandeln.

 

ZUSAMMENGEFASST

ersuchen wir daher um Bestätigung der

  • ertragsteuerlichen Abzugsfähigkeit der ungarischen
    • Sondersteuer für Einzelhandelsgewerbe,
    • Gesundheitssteuer sowie
    • Lebensmittelkettenabgabe und
  • ertragsteuerlichen Nichtabzugsfähigkeit der ungarischen Innovationssteuer

als Betriebsausgabe im Rahmen des § 2 Absatz 8 EStG 1988 für 2023 und solange, als sich die Rechtslage und der Charakter der ungarischen Sonderabgaben nicht ändern.

 


Zur Anfrage betreffend die steuerliche Abzugsfähigkeit von ungarischen Sondersteuern in Österreich kann seitens des BMF Folgendes mitgeteilt werden:

Zunächst ist festzuhalten, dass die Beurteilung der steuerlichen Behandlung ausländischer Steuern und Abgabenarten grundsätzlich nur in den jeweiligen Abgabeverfahren erfolgen kann. Zudem verfügt das BMF nicht über die entsprechenden Kapazitäten, um eine abschließende Einordnung einer Vielzahl ausländischer Steuerarten vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann das BMF die angefragten Abgabenarten lediglich einer kursorischen Überprüfung unterziehen. Danach erscheint dem BMF die von der KSW vorgenommene Einstufung der ungarischen Gesundheitssteuer, Innovationsteuer und Lebensmittelkettenabgabe grundsätzlich nachvollziehbar.

Im Hinblick auf die ungarische Sondersteuer für das Einzelhandelsgewerbe liegen hingegen sowohl Argumente für als auch gegen die Subsumption unter § 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 vor. So sprechen nach Ansicht des BMF etwa der personenbezogene Anwendungsbereich sowie der progressive Steuersatz für das Vorliegen einer Personensteuer. Auch eine allfällige Einstufung der Steuer als „covered tax“ für Zwecke von Pillar 2 in Ungarn könnte ein Indiz für das Vorliegen einer Steuer vom Einkommen und Ertrag sein. Vor diesem Hintergrund vertritt das Finanzamt für Großbetriebe in laufenden Verfahren, dass diese ungarische Sondersteuer für das Einzelhandelsgewerbe unter § 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 fällt.