Anregung zur Umsetzung des VwGH-Erkenntnisses zu Art. IV UmgrStG

Anfragebeantwortung vom 26.11.2025

1. Ausgangslage

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 07.10.2025, Ro 2024/15/0002 im Zusammenhang mit einem Zusammenschluss nach Art. IV UmgrStG entschieden, dass sich aus dem UmgrStG nicht ergibt, dass Personen, die nicht begünstigtes Vermögen iSd § 23 Abs. 2 UmgrStG übertragen, für Zeiträume vor Abschluss des Zusammenschlussvertrages an gemeinschaftlichen Einkünften der Personengesellschaft partizipieren können.

Der VwGH konkludiert daraus: „Der Zusammenschluss kann also in Bezug auf vor dem Abschluss des Zusammenschlussvertrages (im Rückwirkungszeitraum) erwirtschaftete Einkünfte für Personen, die nicht begünstigtes Vermögen einbringen, keine Zurechnung bewirken. Im Fall eines rückwirkenden Zusammenschlusses können somit die im Rückwirkungszeitraum als auf Ebene der Personengesellschaft erwirtschaftet anzusehenden Einkünfte nur jenen Personen zugerechnet werden, die begünstigte Vermögen iSd § 23 Abs. 2 UmgrStG eingebracht haben. Sollten allenfalls im Rückwirkungszeitraum Einkünfte aus nicht begünstigtem Vermögen erzielt werden (Zinsen aus Geldanlagen), sind diese steuerlich nicht dem gemeinschaftlichen Gewinn der Personengesellschaft zuzuordnen. Der Zusammenschlussvertrag lässt vielmehr die Zurechnung der auf den Rückwirkungszeitraum entfallenden Einkünfte aus dem nicht begünstigten Vermögen unverändert bei den Personen, die nicht begünstigtes Vermögen einbringen.“

Mit dieser Entscheidung anerkennt der VwGH zwar unverändert auch hinsichtlich der nicht begünstigtes Vermögen Übertragenden einen rückwirkenden Zusammenschluss nach Art. IV UmgrStG, allerdings nicht hinsichtlich der rückwirkenden Einkünftezurechnung.

Nach Ansicht des Fachsenats für Steuerrecht ändern die Aussagen des VwGH hinsichtlich der Nicht-Zurechnung der im Rückwirkungszeitraum erwirtschafteten Einkünfte der Mitunternehmerschaft an die nicht begünstigtes Vermögen Übertragenden die bisherige jahrzehntelange Praxis rückwirkender Zusammenschlüsse nach Art. IV UmgrStG. Sowohl in der Literatur als auch den UmgrStR (Rz 1370 UmgrStR)  gab es bis zum 07.10.2025 die einhellige Auffassung, dass bei einem auf einen rückwirkenden Stichtag vereinbarten Zusammenschluss nach Art. IV UmgrStG für sämtliche Vertragspartner – unabhängig davon, ob diese begünstigtes Vermögen übertragen – eine rückwirkende fremdübliche Beteiligung an den seit Beginn des dem Zusammenschlussstichtag folgenden Tag durch die Mitunternehmerschaft erzielten Einkünfte besteht. Auch die Rechtsprechung des VwGH hat in der Vergangenheit eine rückwirkende Ergebniszurechnung an nicht begünstigtes Vermögen Übertragende steuerrechtlich nicht bemängelt, vgl. VwGH 28.06.2012, 2009/15/0106.

2. Anregung für Zusammenschlussverträge bis 31.12.2025:

Durch das Erkenntnis des VwGH vom 07.10.2025 würde sich für eine Vielzahl von bis einschließlich das Jahr 2025 vereinbarten rückwirkenden Zusammenschlüssen nachträglich die Fragestellung ergeben, dass die von den Vertragsparteien fremdüblich vereinbarten steuerrechtlichen Einkünftezurechnungen sich als unzutreffend herausstellen können. Dies hat nicht nur jeweils für das betreffende Wirtschaftsjahr nach dem Zusammenschluss Auswirkungen, sondern beeinflusst letztlich auch die Frage zutreffender steuerrechtlicher Vorsorge gegen die endgültige Verschiebung der Steuerbelastung.

Im Lichte dieser massiven wirtschaftlichen Auswirkungen und der Tatsache, dass auch seitens der Finanzverwaltung (seit Inkrafttreten des UmgrStG mit 01.01.1992 und den diesbezüglichen EB) bis zum Erkenntnis des VwGH vom 07.10.2025 kein Zweifel an der rückwirkenden fremdüblichen Einkünftezurechnung auch an nicht begünstigtes Vermögen Übertragende bestand, zum Schutz von Treu und Glauben, im Sinne einer einheitlichen Rechtsanwendung durch die Abgabenbehörden und die Vermeidung unnötiger Nachsichts- und Rechtsmittelverfahren, sollte dem VwGH-Erkenntnis für in der Vergangenheit beschlossene Zusammenschlüsse nach Art. IV UmgrStG keine über den entschiedenen Einzelfall hinausgehende Bedeutung zugemessen werden und es sollte ein geordneter Übergang auf die im Erkenntnis vertretene Rechtsauslegung ermöglicht werden.

Der Fachsenat für Steuerrecht regt daher eine schriftliche Äußerung des BMF an, nach der die im VwGH-Erkenntnis vom 07.10.2025 vertretene Rechtsauslegung erst für alle nach dem 31.12.2025 abgeschlossenen Zusammenschlussverträge, jedenfalls aber nicht für in der Vergangenheit abgeschlossene Zusammenschlussverträge, zu beachten ist.

Zur Anfrage vom 25.11.2025 nimmt das BMF wie folgt Stellung:

Das Erkenntnis des VwGH vom 7.10.2025, Ro 2024/15/0002, wurde am 4.11.2025 im RIS veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund ist nach Ansicht des BMF die im Erkenntnis dargelegte Rechtsansicht jedenfalls für ab dem 5.11.2025 abgeschlossene Zusammenschlussverträge maßgeblich. Aufgrund der jahrzehntelangen auch in den UmgrStR vertretenen – vom VwGH-Erkenntnis abweichenden – Rechtsansicht kann zum Schutz von Treu und Glauben und im Sinne einer einheitlichen Rechtsanwendung allerdings davon ausgegangen werden, dass abseits des entschiedenen Einzelfalls die bisherige Verwaltungspraxis bei vor dem 5.11.2025 abgeschlossenen Zusammenschlussverträgen weiter angewendet wird.